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       # taz.de -- Fehlende Schulgebäude: Container machen Schule
       
       > An fünf Grundschulen muss Bremen wegen Platzmangels Mobilbauten
       > aufstellen, insbesondere in Gröpelingen. Wer nicht seine Wunschschule
       > bekommt, wird zugelost.
       
   IMG Bild: Vorbild für Bremen: Klassenraum einer Schule in Zimbawes Hauptstadt Harare
       
       Bremen taz | Die Containerisierung der Bildung schreitet weiter voran. Nach
       Kita-Kindern sollen jetzt auch bremische GrundschülerInnen in „Mobilbauten“
       untergebracht werden. Heute endet die Anmeldefrist zur Einschulung. Die
       Bildungsbehörde rechnet damit, dass es im Schuljahr 2017/18 deutlich mehr
       Anmeldungen als im Vorjahr gibt: Demnach gibt es 6.659 mögliche
       ErstklässlerInnen – 400 mehr als im laufenden Schuljahr. Deswegen braucht
       Bremen 16 zusätzliche Klassenverbände allein für die ErstklässlerInnen.
       
       Nur ein Teil davon kann jedoch in den bestehenden Räumen der Grundschulen
       untergebracht werden. Annette Kemp, Sprecherin der Senatorin für Bildung
       Claudia Bogedan (SPD), sagt: „Wo das nicht funktioniert, werden Mobilbauten
       aufgestellt.“ Das betrifft fünf Grundschulen.
       
       Kemp sagt: „Im Stadtteil Gröpelingen ist die Lage besonders schwierig, dort
       müssen vier Grundschulklassen neu eingerichtet werden.“ Eine dauerhafte
       Unterbringung der kommenden starken Einschulungsjahrgänge an den fünf
       bestehenden Grundschulen im Stadtteil sei aus Platzgründen nicht
       vollständig im Bestand möglich.
       
       Besonders davon betroffen ist die Grundschule in der Oslebshauser
       Heerstraße: Die Viertklässler der Ganztagsschule sollen ab Schulbeginn im
       Sommer in Containern an der Oberschule im Park unterrichtet werden, sodass
       in ihren Unterrichtsräumen vier neue erste Klassen unterkommen können.
       Aufgrund des akuten Mangels in Gröpelingen hat der Senat kürzlich den Bau
       einer neuen Grundschule in Gröpelingen beschlossen.
       
       Unterricht in Containern ist keine Neuheit für den ohnehin schon
       gebeutelten Stadtteil, wie der „Campus Ohlenhof“ zeigt. Der Neubau der
       Oberschule wurde 2012 mit einem besonderen pädagogischen Konzept für den
       armen Stadtteil beschlossen. Im Koalitionsvertrag 2015 wurde er nach langer
       Planung und Ausschreibung aus finanziellen Gründen doch wieder gecancelt.
       Proteste in Gröpelingen und ein Streit mit der Parteibasis bei SPD und
       Grünen verhinderten zumindest die Schließung.
       
       Gebaut wurde dort aber bis heute nicht. Tatsächlich findet der Unterricht
       dort seit 2012 behelfsmäßig in Containern auf dem Gelände der Grundschule
       am Halmerweg statt.
       
       ## Die Kinder vom Ohlenhof
       
       Die für den Bau der Oberschule Ohlenhof im Doppelhaushalt 2017
       eingestellten Planungsmittel werden nun für die neue Grundschule verwendet.
       Der endlich für 2018 geplante Baubeginn soll sich dadurch „angeblich“ nicht
       verzögern, sagt Kristina Vogt von der Linken, die das Thema in der
       Beiratssitzung am Mittwoch und in der Bildungsdeputation vor eine Woche
       ansprach.
       
       Tatsächlich werden im nächsten Schuljahr auch 295 Plätze mehr an den
       bremischen Oberschulen benötigt. Die sollen laut Kemp jedoch im Bestand
       untergebracht werden können – „verbunden mit baulichen und
       organisatorischen Maßnahmen.“
       
       Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Kristina Vogt, geht sogar
       davon aus, dass insgesamt 800 zusätzliche Plätze benötigt werden.
       Verantwortlich dafür seien nicht nur der Zuzug von Geflüchteten, sondern
       auch Fehler in der Planung: „Absehbar war die erhöhte Geburtenrate und die
       Konzentration auf arme Stadtteile“, sagt Vogt. Mietsteigerungen
       veranlassten Menschen mit wenig Geld und Kindern in billigere Wohnungen zu
       ziehen – „Man hätte in Gröpelingen viel mehr nachsteuern müssen. Die
       Schulleiter sprechen schon seit Jahren darüber.“
       
       Vogt fordert, dass die beschlossenen Bauten jetzt auch wirklich
       verwirklicht werden und beklagt soziale Segregation: „Wenn Borgfeld eine
       zweite Ganztagsschule will, demonstrieren die mit 50 Leuten in der
       Bildungsbehörde und bekommen ihre Schule sofort – und Gröpelingen
       vercontainert.“
       
       ## Lotterie statt Wahlverfahren
       
       Neben „krampfhaftem Nachsteuern“ in der Planung kritisiert für den
       Zentralen Elternbeirat (ZEB) dessen Fachvorstand Grundschulen, Martin
       Stoevesandt, vor allem das undurchsichtige Einschulungsverfahren: „Nicht
       jeder kann dahin, wo er gerne hinmöchte“, sagt er, „viele Eltern wissen das
       gar nicht.“
       
       Wenn zu viele Anmeldungen auf eine Schule kommen, werden die Erstklässler
       per Los verteilt. Es gebe keine gerechte Verteilung. Weder die Weglänge
       noch, ob bereits Geschwister zur Schule gehen, werde berücksichtigt. „Und
       ob es an der anderen Schule Ganztagsbetreuung gibt, interessiert keinen“.
       
       Stoevesandt empfiehlt Eltern, ihren Anmeldungen einen Zweit- und
       Drittwunsch anzufügen sowie einen Härtefallantrag, wenn bereits Geschwister
       auf die Schule gehen oder Ganztagsbetreuung benötigt wird. Seine Kritik
       richtet er ausdrücklich an die Adresse der rot-grünen Koalition, die das
       Schulverwaltungsgesetz trotz vieler Klagen durch Eltern und ZEB nicht
       reformiert hat: „Die haben ein miserables Gesetz produziert und nicht den
       Mut das zu verändern.“
       
       26 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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