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       # taz.de -- 12-Punkte-Plan für den Brexit: Freiheit für Waren, nicht für Menschen
       
       > Großbritannien will raus aus dem Binnenmarkt und der Zollunion und dafür
       > ein Freihandelsabkommen. Was bedeutet das?
       
   IMG Bild: Will raus: Theresa May während ihrer Grundsatzrede in London am Dienstag
       
       Berlin taz | Großbritanniens Wirtschaftspolitik gegenüber der EU lässt sich
       auf eine Formel reduzieren: Das Vereinigte Königreich will offene Grenzen
       für Waren und Finanzströme, nicht aber für Menschen.
       
       Das zumindest ist die logische Schlussfolgerung aus dem 12-Punkte-Plan, den
       Premierministerin Theresa May zum Brexit vorgelegt hat. Die technische
       Formulierung geht so: London will mit seinem EU-Austritt auch den
       europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlassen und beides durch ein
       Freihandelsabkommen mit Brüssel und anderen Ländern ersetzen.
       
       Und damit fangen die Probleme an. Für die Wirtschaft ist der europäische
       Binnenmarkt essenziell. Die schottische Regierung nannte den Plan für das
       Königreich eine „wirtschaftliche Katastrophe“. Denn die Grundidee ist, dass
       die Wirtschaft ohne Hindernisse überall in der EU frei agieren kann.
       Gleiches gilt für Finanzströme und Menschen – jeder soll überall einen Job
       annehmen können.
       
       Seit 1993 gelten die Grundregeln. An vielen Stellen hakt es, ewig aktuelle
       Diskussionen sind die Digitalisierung oder die Energiemärkte, weshalb für
       die EU-Kommission die „Vollendung des europäischen Binnenmarktes“ eine
       Standardphrase ist.
       
       ## Drohung der Briten
       
       May will jetzt die Vorzüge für die Wirtschaft über ein Freihandelsabkommen
       mit der EU möglichst behalten, nur die Bürger der EU sollen nicht mehr
       einfach so auf der Insel arbeiten dürfen. Außerdem will Großbritannien
       keine Beiträge mehr an Brüssel zahlen, die bei einer Mitgliedschaft im
       Binnenmarkt fällig wären.
       
       Die Frage ist: Warum sollte sich die EU auf einen solchen Deal einlassen?
       
       Zwar drohte May schon mal, man werde Unternehmensteuern senken und den
       Europäern den Zugang zum Finanzplatz London erschweren. Doch Letzterer
       könnte in zwei Jahren, wenn die Austrittsverhandlungen zu Ende sein sollen,
       kräftig geschrumpft sein: Der Präsident des Bankenverbandes BdB,
       Hans-Walter Peters, frohlockte bereits, dass viele Institute ihren Standort
       verlagern werden, weil sie mit dem EU-Austritt ihren Zugang zu den anderen
       27 Ländern verlieren.
       
       Dass in der kurzen Zeit ein Freihandelsabkommen mit der EU entsteht, ist
       vor allem dann extrem unwahrscheinlich, wenn May auf ihren
       Maximalforderungen besteht. Kompensieren will sie mögliche Verluste in der
       Handelsbilanz durch mehr Freihandel mit anderen Ländern wie Australien,
       Saudi-Arabien oder den USA.
       
       Eine „Hochrisikostrategie“ nennt das Friedrich Heinemann, Leiter des
       Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft
       am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. „Der Exit vom
       EU-Binnenmarkt kommt rasch, die Implementierung von wichtigen neuen
       Freihandelsabkommen wird bis zu einem Jahrzehnt dauern“, sagt er. „Heute
       hat das Vereinigte Königreich noch nicht einmal die Beamten, die für die
       Verhandlungen kompetent wären“, so Heinemann.
       
       Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für
       Wirtschaftsforschung, hält Mays Versprechen einer „globale Handelsnation“
       dann auch für so illusorisch wie Donald Trumps Versprechen, Amerika
       mithilfe protektionistischer Maßnahmen zu neuem Glanz zu verhelfen.
       
       17 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
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