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       # taz.de -- Personalmangel in Bremens Parlament: Bürgerschaft spart an sich selbst
       
       > Der Protokolldienst der Bürgerschaft hinkt wegen Personalmangels volle
       > neun Monate hinterher. Das gefährdet die Demokratie, sagt die Linke
       
   IMG Bild: Manchmal dauert es eben etwas länger mit den Bremer Plenarprotokollen. Stillleben.
       
       Bremen taz | Die Bremische Bürgerschaft hat zu wenig Personal. Ein Blick
       auf die Website des Parlaments verrät, dass die Bürgschaftskanzlei
       teilweise mit ihren Aufgaben nicht hinterher kommt so für den
       Protokolldienst. Denn dort, wo sich auf der Website der Bürgerschaft die
       Mitschriften der Plenarsitzungen finden sollten, ist oft nichts.
       
       Bei 19 von 28 Protokollen seit April 2016 steht nur der Hinweis: „Leider
       liegt das endgültige Plenarprotokoll für diese Sitzung noch nicht vor. Es
       wird so schnell wie möglich nachgeliefert. Wir bitten um Ihr Verständnis.“
       Wer sich auf der Internet-Präsenz der Bürgerschaft informiert, bekäme also
       nicht einmal mit, wenn etwa morgen Bürgermeister Sieling per
       Fantasie-Dekret einen Einreisestopp für alle Katholiken aus Bayern erließe.
       
       Ein Dreivierteljahr hinkt der Protokolldienst der Bürgerschaft hinterher.
       Darunter fallen wichtige und tatsächlich relevante Debatten, wie die vom
       24. Juni 2016. In der scheiterte das Misstrauensvotum gegen Finanzsenatorin
       Karoline Linnert (Grüne). Interessierte BürgerInnen müssen mit Videos auf
       dem Gratis-Portal „Vimeo“ Vorlieb nehmen, wo man sich durch
       dreieinhalbstündige Videos friemeln muss. Immerhin gibt es Time-Slider zu
       den Tagesordnungspunkten, ansonsten sind die Videos wenig übersichtlich.
       Eine Suchfunktion bieten sie nicht.
       
       Das Problem ist auch dabei Bremens Sparkurs. Das sagt zumindest Kristina
       Vogt von der Linksfraktion: „In der Bürgerschaft waren ganz lange wichtige
       Stellen nicht besetzt.“ Es sei schon immer ein Problem gewesen, dass die
       Bürgerschaft zu wenig Personal hatte.
       
       ## „Es ist ein Unding“
       
       Das beschränke sich nicht auf den Protokolldienst, wie sie sagt: „Wir haben
       schon Ausschüsse ohne Assistenten gemacht.“ Der Armutsausschuss sei zur
       Hälfte vorbei gewesen, als endlich ein wissenschaftlicher Assistent
       eingestellt wurde. „Ich finde fragwürdig, wie das Finanzressort damit
       umgeht. Mit Kosteneinsparungen gräbt man der parlamentarischen Demokratie
       das Wasser ab“, sagt Vogt. An den Protokollen könne man sehen, was
       passiert, wenn zu Unterbesetzungen noch Langzeiterkrankungen hinzu kämen.
       
       Die Bürgerschaftskanzlei kennt das: „Krankheitsbedingte Ausfälle haben uns
       zu schaffen gemacht“, sagt Ingo Charton aus dem Büro des Präsidenten. „Der
       Protokolldienst verfügt über vier Vollzeitstellen, aber nicht alle
       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich arbeiten Vollzeit.“
       Angesichts der Personalsituation hat sich die Kanzlei durch externe
       Dienstleister verstärkt.
       
       Doch selbst das hat augenscheinlich wenig geholfen: Zwischen April und
       August gibt es nur drei veröffentlichte Protokolle. Danach fehlt etwa jeder
       zweiten Plenardebatte eine Mitschrift. Die vorhandenen Protokolle sind
       vorläufig.
       
       „Wir setzen uns dafür ein, das zu ändern“, sagt Charton. Ziel sei es
       künftig, „bis zur nächsten Plenarsitzung das voran gegangene Protokoll
       fertig zu haben.“
       
       Das würde auch die Fraktionen freuen: „Ein Dreivierteljahr später macht ein
       Protokoll wenig Sinn“, sagt CDU-Sprecherin Rebekka Grupe. Matthias Koch von
       der SPD sagt: „Wir hoffen, dass die Bürgerschaftsverwaltung zeitnah dazu
       kommt, dass die Plenarprotokolle wieder verfügbar sind.“ Vogt geht in ihrer
       Kritik deutlich weiter: „Es ist ein Unding, das demokratische Institutionen
       unter Finanzierungsvorbehalt stehen“.
       
       30 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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