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       # taz.de -- Deutsche Rüstungsexporte und Gabriel: Sogar Schwarz-Gelb hatte weniger
       
       > Auf diese Statistik hätte Sigmar Gabriel gerne verzichtet: 2016
       > erreichten die Exportgenehmigungen den zweithöchsten je gemessenen Wert.
       
   IMG Bild: Exportgenehmigungen für Kleinwaffen und deren Munition sind wieder gestiegen
       
       Berlin taz | Das richtige Timing hat Sigmar Gabriel drauf. Die
       Rüstungsexportzahlen für das Jahr 2016 lässt der Wirtschaftsminister [1][am
       Freitagnachmittag veröffentlichen], um 15:18 Uhr schickt seine Pressestelle
       das fünfseitige PDF-Dokument über den Mailverteiler. Wie praktisch: Die
       Oppositionspolitiker aus dem Bundestag sind nach dem Ende der Sitzungswoche
       bereits auf dem Weg in die Wahlkreise. Die Wochenendausgaben der Zeitungen
       sind fast schon im Druck. Und als Aufmacher der Abendnachrichten im
       Fernsehen ist die Trump-Inauguration fest gebucht. Chapeau, noch besser
       lässt sich diese Statistik überhaupt nicht verstecken.
       
       Dabei sehen die Zahlen auf den ersten Blick gar nicht so übel aus. Laut der
       vorläufigen Berechnung genehmigte die Bundesregierung im vergangenen Jahr
       Rüstungsexporte im Gesamtwert von 6,88 Milliarden Euro. Das sind knapp eine
       Milliarde Euro weniger als noch 2015. Das Ministerium spricht von einer
       „restriktiven und verantwortungsvollen“ Genehmigungspraxis.
       
       Auf den zweiten Blick ist die Zahl für SPD-Chef Gabriel, der im Wahlkampf
       für einen Rückgang der Exporte geworben hatte, allerdings weniger
       schmeichelhaft: Die 6,88 Milliarden Euro sind der zweithöchste je gemessene
       Wert – direkt nach den 7,86 Milliarden im Jahr zuvor. Selbst die
       schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte weniger Ausfuhren genehmigt.
       
       Und möglicherweise hat Gabriel auch noch getrickst, damit die Zahl in
       diesem Jahr nicht wieder über 7 Milliarden steigt. Der Spiegel
       [2][berichtete im Dezember], das Ministerium verzögere die Genehmigung für
       den Export von 88 Transportpanzern im Wert von 390 Millionen Euro nach
       Litauen. Wenige Monate vor der Bundestagswahl solle der Deal die Statistik
       nicht belasten. Bis Jahresende blieb die Genehmigung offenbar tatsächlich
       aus, eine nennenswerte Lieferung nach Litauen ist in den neuen Zahlen nicht
       enthalten.
       
       Immerhin: Der Anteil der Exporte an Drittländer außerhalb von EU und Nato
       ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten anteiligen Wert seit fünf
       Jahren gesunken. Allerdings liegt er noch immer bei 54 Prozent. Unter den
       Top 5 der Empfängerländer befinden sich Algerien, Saudi-Arabien und
       Ägypten.
       
       ## Anstieg bei Kleinwaffen
       
       Wieder gestiegen ist der Wert der genehmigten Kleinwaffenexporte. Diesen
       wollte Gabriel eigentlich besonders stark reduzieren, im Jahr 2015 war ihm
       das auch tatsächlich gelungen. 2016 wuchs das Volumen dagegen um rund 15
       Millionen Euro auf rund 47 Millionen Euro. Unter den Top 10 der Empfänger
       sind Oman, Irak und Indonesien.
       
       Sigmar Gabriel verteidigt die genehmigten Exporte. „Ausfuhren von
       Rüstungsgütern, die der Kooperation mit unseren Bündnispartnern und deren
       Ausstattung dienen, erfolgen im sicherheitspolitischen Interesse
       Deutschlands“, sagt der Vizekanzler. Das gelte auch für Ausfuhren an
       Drittländer. Sie dienten der Grenzsicherung oder dem Anti-Terror-Kampf.
       
       Die Opposition, die am späten Freitag mit Verzögerung doch noch auf die
       Zahlen aufmerksam wurde, kritisiert die Genehmigungspraxis dagegen. Der
       Linken-Abgeordnete Jan van Aken sagt, der SPD-Chef habe „die höchsten
       Waffenexporte in der Geschichte der Bundesrepublik“ zu verantworten.
       Besonders die Steigerung bei den Kleinwaffen dokumentiere Gabriels
       „komplettes Versagen in der Rüstungsexportpolitik“.
       
       Die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger sagt: „Auch wenn die Zahlen im
       Vergleich zum letzten Rekordjahr der Rüstungsexporte gesunken sein mögen,
       ist der Gesamtwert für 2016 immer noch erschreckend hoch.“ Nach wie vor
       gehörten Staaten wie Saudi-Arabien und Algerien, in denen Menschenrechte
       verletzt würden, zu den besten Kunden deutscher Rüstungsprodukte. „Wofür
       sich Sigmar-Gabriel hier selbst abfeiert, weiß wohl auch nur er selbst.
       Frieden, Sicherheit und Menschenrechte blieben auch bei der
       Rüstungsexportpolitik 2016 auf der Strecke.“
       
       20 Jan 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=799450.html
   DIR [2] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ruestungsexporte-sigmar-gabriel-bremst-bei-panzerlieferung-a-1127150.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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