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       # taz.de -- Bastel-Kits für Hobby-Biologen: Genscheren für zu Hause
       
       > Ein Bundesamt warnt vor Do-it-yourself-Kits für Home-Forscher.
       > Gentech-Versuche dürfen nur in Sicherheitslaboren durchgeführt werden.
       
   IMG Bild: Gentech-Experimente sind nichts für die heimische Küche
       
       Berlin taz | Genome von Lebewesen beliebig verändern – ein Traum für
       Wissenschaftler, aber auch ein Traum für Hobby-Biologen? Vor allem
       US-Firmen bieten Do-it-yourself-Kits (DIY) an, mit denen das Erbmaterial
       dank sogenannter Genscheren in der heimischen Stube modifiziert werden
       kann. Die Zerschneidung fällt in einen rechtlichen Graubereich, da diese
       Art von Genscheren auch natürlich in den Bakterien vorkommen.
       
       Das [1][Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gab nun
       eine Warnung heraus], dass die Verwendung solcher Kits in Deutschland eine
       Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro zur Folge
       haben könne. Denn solche Experimente müssten in registrierten
       „gentechnischen Anlagen“ durchgeführt werden.
       
       „Die Sorge um die Kits ist nicht unberechtigt“, meint Christoph Then,
       Geschäftsführer von Testbiotech, einer Organisation, die sich mit den
       Folgen der Biotechnologie befasst. Er kenne einige Menschen, die diese Kits
       „in den Kühlschränken lagern.“ Die Preise sind nämlich durchaus für Laien
       erschwinglich: Ein Kit von der Firma The Odin kostet etwa 140 Euro. Es
       enthält Genscheren, also Enzyme, die das Erbgut gezielt zerschneiden und so
       Gene inaktivieren.
       
       Forschende bejubeln seit Jahren diese Methode namens CRISPR/Cas: Denn
       jegliche Gene können so günstig und gezielt an die geschnittenen Stellen
       eingebracht werden. Die Technik wird seit wenigen Jahren als Meilenstein
       der Gentechnik bejubelt. Versprochen wird beispielsweise, dass Krankheiten
       leichter geheilt werden können.
       
       So viel lässt sich aber mit den DIY-Kits allein nicht anstellen: Zunächst
       wird ein mitgelieferter Plasmidring in die Bakterien eingebracht, also
       Gene, die separat abgelesen werden. Diese können dazu führen, dass
       Genscheren produziert werden, die an bestimmten Stellen des bakteriellen
       Erbguts schneiden.
       
       ## Zerschnittende Gene
       
       Ein Beispiel für die Anwendung eines solchen Kits: Ein Gen in Darmbakterien
       sorgt dafür, dass sie nicht auf dem mitgelieferten Nährboden wachsen
       können. Nun wird aber dieses Gen zerschnitten und die Mikroorganismen
       können sich wieder vermehren.
       
       Aber „allein das Entfernen von Erbgut kann dazu führen, dass Bakterien noch
       krankheitserregender werden“, so Christoph Then: Der Stoffwechsel könnte
       sich beschleunigen und somit auch die Vermehrung. Die Freisetzung erfolgt
       ebenfalls unter unkontrollierten Bedingungen: „Wenn ich nicht aufpasse,
       nehme ich sie in den Darm auf und gebe sie weiter“, erzählt Christoph Then
       und verweist auf unterlassenes Händewaschen und die Aufnahme beim Essen.
       Die Bakterien könnten nun durch Wechselwirkungen mit anderen Arten im
       Körper ihre krankheitserregende Wirkung entfalten.
       
       „Sehr wahrscheinlich sind diese auf dem Markt vorhandenen Kits nicht
       gefährlich“, erzählt hingegen Andrea Tran-Betcke vom Berliner Landesamt für
       Gesundheit und Soziales, aber „eine abschließende Bewertung ist nicht
       möglich“. Die Bakterien in den Kits könnten sich weder in der Umwelt
       vermehren, noch seien sie von sich aus krankheitserregend. Sie vermutet
       aber, dass die Gene aus einem anderen Bakterienstamm in die Bakterien
       eingeführt werden, um effektivere Genscheren zu produzieren – somit werden
       aus den mitgelieferten Bakterien gentechnisch veränderte Organismen, die
       dem Gentechnikgesetz unterworfen sind.
       
       2 Feb 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bvl.bund.de/DE/06_Gentechnik/04_Fachmeldungen/2017/2017_01_25_DIY-Kits.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisbeth Schröder
       
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