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       # taz.de -- AfD in Sachsen-Anhalt: Alternative für Spaltung
       
       > Gegen einen AfDler aus Sachsen-Anhalt wird wegen des Vorwurfs der
       > Vergewaltigung ermittelt. Der Umgang damit sorgt in der Fraktion für
       > Streit.
       
   IMG Bild: Mischen die Partei auf: André Poggenburg, Daniel Roi und Matthias Büttner
       
       Berlin taz | Bei der Landtagswahl im vergangenen März waren die beiden noch
       ein gutes Team. André Poggenburg trat als Spitzenkandidat der AfD in
       Sachsen-Anhalt an, Daniel Roi organisierte den Wahlkampf – mit
       durchschlagendem Erfolg. Die rechtspopulistische Partei erhielt 24,3
       Prozent der Stimmen und zog mit 25 Abgeordneten als zweitstärkste Fraktion
       in den Magdeburger Landtag ein. Poggenburg, ein enger Verbündeter von
       AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, wurde Fraktionschef, Roi Parlamentarischer
       Geschäftsführer.
       
       Doch mit der guten Zusammenarbeit ist es längst vorbei: An diesem Freitag
       kommt die AfD-Fraktion in Magdeburg zu einer Sondersitzung zusammen, um Roi
       aus der Fraktion auszuschließen. Am Ende könnte die Spaltung stehen.
       
       Das Vertrauen sei erschüttert, sagt Poggenburg, eine weitere Zusammenarbeit
       mit Roi schwer denkbar. Robert Farle, der Roi im November als
       Parlamentarischer Geschäftsführer ablöste, meint gar: „Hier muss ein
       Ausschluss erfolgen.“ Ob es nur Roi oder noch weitere Abgeordnete treffen
       soll, ist offen.
       
       Wahrscheinlich aber ist: Sollte die Fraktion den Bitterfelder tatsächlich
       rausschmeißen, werden andere Abgeordnete folgen. Auch Rois Lebensgefährtin
       Sarah Sauermann sitzt für die AfD im Magdeburger Landtag.
       
       ## „Diktat und Maulkorb zugleich“
       
       Auslöser des aktuellen Machtkampfs sind schwere Vorwürfe gegen einen
       weiteren Abgeordneten der AfD-Landtagsfraktion. Die Erfurter
       Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Matthias Büttner wegen des Verdachts der
       Vergewaltigung. Eine ehemalige Mitarbeiterin wirft Büttner vor, sie nach
       einem Treffen mehrerer AfD-Wirtschaftspolitiker Mitte November in einem
       gemeinsamem Doppelzimmer in einem Hotel in Erfurt sexuell genötigt zu
       haben.
       
       Einige Tage später kündigte die AfD der Mitarbeiterin, die noch in der
       Probezeit war – angeblich aus rein fachlichen Gründen. Danach zeigte die
       Mitarbeiterin Büttner an. Fraktionschef Poggenburg will erst nach der
       Kündigung von dem Vergewaltigungsvorwurf erfahren haben, einen Zusammenhang
       mit der Anzeige gegen Büttner soll es nicht geben.
       
       Roi hatte intern kritische Fragen zu der Entlassung der Mitarbeiterin
       gestellt. Aus seiner Sicht verdichten sich die Anzeichen, dass „wichtige
       Funktionsträger der Partei“ schon weit vor der Kündigung von dem Vorwurf
       gegen Büttner wussten. Die Fraktionsführung aber wolle alle Abgeordneten
       zwingen, ihrer Darstellung des Ablaufs zu folgen, schrieb Roi auf Facebook.
       „Das war Diktat und Maulkorb zugleich.“
       
       Büttner selbst hatte sich am Montag erstmals zu dem Vorwurf geäußert, er
       beteuerte unschuldig zu sein. Gleichzeitig versuchte er, die
       Glaubwürdigkeit der ehemaligen Mitarbeiterin zu erschüttern. Die Frau soll
       ihre Examensnote gefälscht und schon andere Männer der sexuellen Nötigung
       bezichtigt haben.
       
       ## Roi verliert den Machtkampf
       
       Roi hatte aber auch, wie er inzwischen eingeräumt hat, ein
       fraktionsinternes Papier zum Umgang mit dem Fall an die ehemalige
       Mitarbeiterin weitergeleitet, die es prompt auf Facebook veröffentlichte.
       Dies ist nun der Anlass für die Fraktionssondersitzung, bei der über Rois
       Ausschluss zur Diskussion steht.
       
       Bei Poggenburg unbeliebt gemacht hat sich Roi schon im vergangenen Sommer.
       Im Juni hatte er ein Papier mit dem Titel „Ruf der Vernunft“
       veröffentlicht, in dem es um eine Distanzierung der AfD vom
       Rechtsextremismus ging. Poggenburg hatte das Papier später selbst
       unterzeichnet, allerdings hatte Roi das Papier zunächst an Poggenburg
       vorbei in Umlauf gebracht. Der fühlte sich, nicht zu Unrecht, angegriffen.
       
       Es folgte ein Machtkampf, in dem Roi im November schließlich unterlag: Mit
       12 gegen 13 Stimmen verlor er seinen Posten als Parlamentarischer
       Geschäftsführer. 13 Abgeordnete sollen nun auch den Antrag auf eine
       Sondersitzung unterstützt haben. Für den Ausschluss Rois braucht es eine
       Zwei-Drittel-Mehrheit.
       
       Nicht nur in der Magdeburger Fraktion, auch im ebenfalls von Poggenburg
       geführten Landesverband toben heftige Konflikte. Wie die [1][Mitteldeutsche
       Zeitung berichtet], fordert die Mehrheit der Kreisverbände ein
       Krisentreffen, um zahlreiche Vorwürfe und Gerüchte zu besprechen. Der
       Landesvorstand hat jedoch ein Treffen in nächster Zeit abgelehnt.
       
       Inzwischen hat Parteichefin Frauke Petry, die Höcke-Unterstützer
       Poggenburg nur zu gerne schwächen will, [2][via MDR betont], interner
       Streit sei hinderlich – und dem Landesverband Hilfe angeboten. „Wenn es
       darum geht, Fraktionsmitglieder per se auszuschließen, weil sie unbequem
       sind, dann muss das sehr genau erörtert werden“, sagte Petry. Poggenburg
       konterte umgehend: „Ich verbitte mir jede Unterstellung von Frau Petry“,
       hieß es in einer eilig versendeten Presseerklärung.
       
       2 Feb 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/landespolitik-sachsen-anhalt/hotelaffaere-um-referentin-was-wusste-afd-chef-poggenburg--25661586
   DIR [2] http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/magdeburg/afd-buettner-aeussert-sich-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
       
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