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       # taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Weisheit überm Urinal
       
       > Bunt ist es oftmals auf den öffentlichen Toiletten. Aber auch gute Tipps
       > und Ratschläge sind dort manchmal an den Wänden zu finden.
       
   IMG Bild: Verhaltensregel für die Zeit danach
       
       Auf den Flughafentoiletten von Pekanbaru in Sumatra erhalten die Reisenden
       wertvolle Ratschläge mit auf den Weg. „Nicht Besitz macht glücklich,
       sondern wie wir ihn genießen“ steht da etwa. Oder: „Schlaf ist die goldene
       Kette, die Körper und Gesundheit zusammenhält.“
       
       Die Wand hinter den Urinalen ist beklebt mit Bildern von lachenden Blumen,
       stillen Flüssen, gesunden Äpfeln und jubelnden Kindern. Und jeder dieser
       Idyllen ist eine tiefe Lebensweisheit zugeordnet: „Ein glückliches Äußeres
       beginnt im Inneren.“ „Betet nicht um ein einfaches Leben. Betet darum,
       stärkere Männer zu werden.“
       
       Und: „Keep smiling – das Leben ist eine wunderbare Sache. Es gibt so viel,
       worüber wir lächeln können.“ Ausgerechnet Marilyn Monroe, die Todtraurige,
       soll das gesagt haben.
       
       Einher mit der körperlichen Erleichterung geht fast unmerklich die geistige
       Ertüchtigung – beschwingt und bereichert schreiten die Herrn von dannen.
       Werbung auf Toiletten – ein Thema, dem gerade bei uns noch viel zu wenig
       Bedeutung beigemessen wird. Meist erschöpft sie sich in der unsensiblen
       Reklame für Medikamente gegen Blasenschwäche und nachlassende Potenz oder
       gipfelt in schnöden Verhaltensregeln: „Geh näher ran – er ist kürzer, als
       du denkst“. Fehlen nur die Adressen lokaler Urologen.
       
       Doch ex oriente lux – aus dem Osten kommt wieder mal die Erleuchtung.
       Indonesien zeigt uns, wie wahre Lebenshilfe aussieht. Diesem Vorbild
       folgend, könnten auch deutsche Toiletten viel zum seelischen Gleichgewicht
       ihrer Kunden beitragen. „Du kommst zu spät? Die Bahn kommt gar nicht“,
       würde so manchen Fernreisenden inmitten seiner Kofferberge getröstet
       schmunzeln lassen.
       
       „Nimm dir Zeit – dein Stau baut sich erst auf“, zauberte ein fröhliches
       Lächeln auf das gramzerfurchte Antlitz des termingeplagten Lkw-Fahrers. Und
       wie viele gehetzte Fluggäste fänden endlich ihre innere Ruh, wäre es ihnen
       vergönnt, zwischen Waschbecken und Handtuchspender zu lesen: „Hetz nicht,
       mein Freund, hat keinen Zweck – dein Flieger, der ist leider weg.“
       
       4 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franz Lerchenmüller
       
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