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       # taz.de -- Spitzelaffäre bei Islamverband: Aufstand der Moscheegemeinden
       
       > Seit der Affäre um spitzelnde Imame werden Stimmen lauter, die beim Ditib
       > auf eine Reform drängen. Deshalb traf man sich zum Krisengipfel.
       
   IMG Bild: Wer bringt Licht ins Dunkel? Abenddämmerung über der Ditib-Moschee in Duisburg-Marxloh
       
       BERLIN taz | Für die Ditib-Zentrale in Köln ist die Affäre um die
       Spitzeltätigkeit ihrer Imame erledigt. In einer Pressemitteilung erklärte
       der größte deutsche Islam-Verband kürzlich, nicht er sei der Dienstherr
       dieser Imame, sondern die türkische Religionsbehörde in Ankara, Diyanet
       genannt. Diese habe die Spitzel-Vorwürfe untersucht und sei zu dem Ergebnis
       gekommen, dass einige Imame „ihre Verantwortungen überschritten“ hätten, so
       der Moschee-Dachverband. Ihre Amtsdauer in Deutschland sei deshalb
       „vorzeitig beendet“ worden.
       
       Doch damit ist die Affäre nicht ausgestanden. Am Wochenende trafen sich
       Vertreter der Ditib-Zentrale und der Landesverbände im
       baden-württembergischen Ettlingen bei Karlsruhe zum Krisengipfel, um über
       Konsequenzen zu beraten. Denn die Affäre hat Vertrauen zerstört, in den
       Gemeinden und der deutschen Öffentlichkeit. Seitdem werden die Stimmen
       lauter, die eine strukturelle Reform des größten deutschen Islamverbands
       fordern.
       
       „Die Landesverbände wünschen sich, wieder im Bundesvorstand vertreten zu
       sein – so, wie es vor 2009 der Fall war“, sagte Emine Oguz, die
       Ditib-Geschäftsführerin in Niedersachsen, der taz. Im Bundesvorstand in
       Köln sitzen derzeit sieben Personen, davon drei Religionsattachés, die aus
       Ankara entsandt und bezahlt werden. Die Landesverbände und 900 lokalen
       Moscheegemeinden dagegen werden meist von ehrenamtlichen Mitarbeitern
       geleitet, die vor Ort verwurzelt sind.
       
       ## Vorstandswahlen sind fällig
       
       Laut Satzung muss bei Ditib alle drei Jahre ein neuer Bundesvorstand
       gewählt werden. Seit der letzten Wahl sind aber bereits dreieinhalb Jahre
       vergangen. Demnächst müsste also zur Mitgliederversammlung eingeladen
       werden, um einen neuen Vorstand zu wählen, der von Ankara unabhängiger
       wäre.
       
       Auch eine selbstkritische Aufarbeitung der Spitzel-Affäre sei nötig, findet
       Emine Oguz: „Die Landesverbände fordern eine lückenlose Aufklärung. Wenn es
       Rechtsverstöße gab, müssen sie geahndet werden.“ Auch in Niedersachsen gab
       es wohl einen solchen Fall: Dort soll ein Imam in Braunschweig Berichte
       über Gülen-Anhänger verfasst haben. „Transparenz ist notwendig, damit die
       Arbeit in den Ländern weitergehen kann“, so Oguz. Denn dort werden die
       Gespräche über Staatsverträge geführt, über muslimische Seelsorge in
       Gefängnissen und Krankenhäusern oder über islamischen Religionsunterricht
       an den Schulen.
       
       ## Länder machen Druck
       
       Mehrere Bundesländer sind in den letzten Monaten auf Distanz zu Ditib
       gegangen. Nach Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat auch
       Niedersachsen die Verhandlungen über einen Staatsvertrag mit den
       muslimischen Verbänden jetzt auf Eis gelegt – nicht zuletzt wegen der
       Spitzel-Affäre bei Ditib. Sie sollen erst nach der Landtagswahl 2018
       fortgesetzt werden, heißt es. Dass kürzlich ein aus der Türkei entsandter
       Imam in den Vorstand des Ditib-Landesverbands gewählt wurde, sorgt in
       Hannover für zusätzliche Irritationen. Niedersachsens Ministerpräsident
       Stephan Weil (SPD) beschwerte sich deshalb nun mit einem Brief bei
       Ditib-Nord; der Landesverband will diese Entscheidung nun wieder rückgängig
       machen.
       
       Auch Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) sieht ihr
       Vertrauen in Ditib „tief beschädigt“. Sie forderte den Moscheeverband
       kürzlich auf, seinen Sitz im Beirat für islamischen Religionsunterricht an
       Schulen ruhen zu lassen, bis die Vorwürfe geklärt seien. Am Dienstag dieser
       Woche kam Ditib diesen Wunsch nach, um „die Debatte zu versachlichen.“
       
       Hamburg und Bremen halten derweil an ihren bereits bestehenden
       Islam-Staatsverträgen mit den muslimischen Verbänden fest, auch wenn CDU
       und AfD dagegen Sturm laufen.
       
       8 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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