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       # taz.de -- Polizist schoss auf Geflüchteten: Mehr Schüsse als nötig?
       
       > Ein Zivilpolizist schoss vergangene Woche auf einen Geflüchteten in St.
       > Georg und verletzte ihn schwer. Die Polizei spricht von Notwehr, andere
       > bezweifeln das
       
   IMG Bild: AktivistInnen wollen am Mittwoch in Hamburg gegen rassistische Polizeigewalt demonstrieren
       
       Hamburg taz | Nach den Schüssen eines Zivilpolizisten auf den ghanaischen
       Geflüchteten Omeng A. in St. Georg werden Zweifel an der Darstellung der
       Ereignisse durch die Polizei laut. Der Bürgerschaftsabgeordnete der
       Linkspartei Martin Dolzer spricht von „lebensgefährlichem Fehlverhalten der
       Polizei“ und sogar von „einem rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch“.
       Die genauen Umstände müssten so schnell wie möglich geklärt werden, fordert
       er.
       
       Die Polizei hatte den Vorfall, der sich am ersten Februar in der
       Robert-Nhil-Straße zugetragen hatte, wie folgt beschrieben: Ein Beamter in
       Zivil sei von zwei Passantinnen um Hilfe gebeten worden, die einen stark
       alkoholisierten und aggressiven Mann mit einem Messer beobachtet hätten. A.
       habe sich dem Beamten gegenüber sehr aggressiv verhalten und ihn mit einem
       Messer angegriffen, woraufhin der Polizist ihm Pfefferspray ins Gesicht
       gesprüht habe. A. habe jedoch weiter versucht, auf den Beamten
       einzustechen, sodass der Polizist geschossen habe, um den Angriff
       abzuwehren.
       
       Augenzeugen schildern die Tat anders. Auf dem Blog [1][Topafric] findet
       sich ein Video vom Tatort kurz nach den Schüssen. Darin berichtet jemand,
       wie er die Szene gesehen hat: A. habe, nachdem er das Pfefferspray
       abbekommen habe, an seine Tasche gegriffen und einen Satz in Richtung des
       Polizisten gemacht. Dieser sei zurückgewichen und habe auf den Mann
       geschossen. Der Angeschossene sei zu Boden gegangen, der Polizist habe
       etwas von seiner Hand weggekickt – wohl das Messer – und nach mindestens
       fünf Sekunden zwei weitere Schüsse auf den am Boden Liegenden abgegeben.
       „Das ist eine sehr lange Zeit in einer solchen Situation“, sagt der Zeuge
       und fragt auf englisch: „Warum die Schüsse, wenn der Mann schon am Boden
       liegt? Und nachdem der Polizist das Messer schon weggekickt hat? What the
       fuck?“
       
       In dem Video sieht man, wie der Zivilbeamte noch eine ganze Weile neben dem
       am Boden liegenden A. steht, während andere Polizisten bemüht sind,
       Passanten vom Tatort fernzuhalten. A. ist schwer verletzt, er wurde am Bein
       und am Bauch getroffen. Er liegt noch immer auf der Intensivstation,
       schwebt aber nicht in Lebensgefahr. Die Polizei ermittelt intern gegen den
       Zivilpolizisten. Auch die Staatsanwaltschaft prüft, ob die drei Schüsse auf
       A. gerechtfertigt waren. Beide wollten sich aufgrund der laufenden
       Ermittlungen nicht weiter äußern.
       
       Der Linken-Abgeordnete Martin Dolzer hat erhebliche Zweifel an der
       Geschichte, wie die Polizei sie erzählt. Drei Tage lang habe er
       recherchiert und in St. Georg Menschen befragt, die den Vorfall gesehen
       hatten oder in der Nähe waren. „Nach allen Schilderungen drängt sich der
       Eindruck auf, dass der Polizist nicht aus Notwehr gehandelt hat“, sagte er
       zur taz. Im Rahmen von Racial Profiling komme es in letzter Zeit zunehmend
       zu brutalen Übergriffen auf Geflüchtete und zu Jagdszenen. „Die Schüsse
       sind der traurige Höhepunkt dieser Zuspitzung.“
       
       A. ist Mitglied der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ und arbeitet bei einer
       Zeitarbeitsfirma. Der Sprecher der Lampedusa-Gruppe Ali Ahmed verurteilte
       die Schüsse auf seinen Mitstreiter als rassistische Attacke. „Es sieht aus,
       als wollte der Polizist ihn töten“, sagte er.
       
       7 Feb 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.topafric.com/index.php/top-news/item/2560-audio-of-ghanaian-man-shot-3-times-by-hamburg-police-full-details
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
       ## TAGS
       
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