URI: 
       # taz.de -- BGH über geleakte „Afghanistan-Papiere“: Mit Urheberrecht gegen Transparenz
       
       > Am Bundesgerichtshof zeichnet sich ein Erfolg der Regierung im Streit um
       > geleakte Papiere ab. Es geht um Berichte über Bundeswehreinsätze.
       
   IMG Bild: Zwei Bundeswehrsoldaten im Feldlager Camp Marmal in Masar-i-Scharif, Afghanistan
       
       Karlsruhe taz Regierungsberichte sind urheberrechtlich geschützt. Die
       Bundesregierung kann deshalb die Veröffentlichung von geleakten Dokumenten
       grundsätzlich gerichtlich untersagen lassen. Dieses Ergebnis zeichnet sich
       nach einer Verhandlung am Bundesgerichtshof (BGH) ab, bei der die
       Bundesregierung mit der Funke-Mediengruppe stritt.
       
       Konkret geht es um vertrauliche Berichte über Auslandseinsätze der
       Bundeswehr. In ungekürzter Form erhalten sie nur wenige Abgeordnete sowie
       Regierungsstellen. Der zur Funke-Gruppe gehörenden Zeitung WAZ wurden
       solche Berichte aus der Zeit von 2005 bis 2012 zugespielt. Die WAZ
       veröffentlichte die sogenannten „Afghanistan Papiere“ dann auf einem
       speziellen Portal.
       
       Erst nach einigen Monaten ging die Bundesregierung dagegen vor – und berief
       sich auf ihr Urheberrecht. Das Landgericht Köln und auch das dortige OLG
       akzeptierten das. Der BGH muss nun eine Grundsatzentscheidung treffen.
       
       „Eigentlich soll das Urheberrecht ja verhindern, dass jemand die kreative
       Leistung des Autors ohne dessen Zustimmung ökonomisch nutzen kann“, betonte
       in Karlsruhe WAZ-Anwalt Thomas von Plehwe. „Es ist nicht Aufgabe des
       Urheberrechts, die Verbreitung von Informationen zu verhindern.“ Zumindest
       sei hier das „Zitatrecht“ analog anwendbar, denn das WAZ-Portal habe die
       Bundeswehr-Berichte online gemeinsam mit den Lesern auswerten wollen.
       
       „Zum Urheberrecht gehört auch das Recht, über Veröffentlichung oder
       Nichtveröffentlichung eines Werks zu entscheiden“, hielt Peter Baukelmann,
       Anwalt der Bundesregierung, dagegen. Die geleakten Berichte enthielten
       persönliche Einschätzungen von Beamten. Damit sei die für ein
       urheberrechtlich geschütztes „Sprachwerk“ erforderliche „Schöpfungshöhe“
       gegeben. Die WAZ könne sich auch nicht auf das Zitatrecht berufen. „Die
       vollständige Veröffentlichung eines Werks ist nie ein Zitat“, so der
       Regierungsanwalt.
       
       Der Vorsitzende BGH-Richter Wolfgang Büscher ließ erkennen, weitgehend die
       Sicht der Bundesregierung zu teilen. „Auch das Interesse des Urhebers an
       der Geheimhaltung seines Werks ist geschützt“, sagte er in der Verhandlung.
       Das Zitatrecht passe nicht, denn es erfordere „eine Verbindung mit eigenen
       Gedanken“. Offen ist wohl noch, ob hier eine spezielle Abwägung mit der
       Pressefreiheit erforderlich ist. Das Urteil wird am 1. Juni verkündet.
       
       9 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR WAZ
   DIR Funke Mediengruppe
   DIR Bundeswehr
   DIR Afghanistaneinsatz
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Thomas de Maizière
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Urheberrecht von Regierungsdokumenten: Jetzt muss Europa entscheiden
       
       Die Funke-Mediengruppe veröffentlichte interne Regierungsdokumente zur
       Situation in Afghanistan. Durfte sie diese online stellen?
       
   DIR Medienrechtler über Klage gegen WAZ: „Eine unsichere Strategie“
       
       Das Verteidigungsministerium verklagt die „WAZ“, weil sie Geheimdokumente
       veröffentlichte. Markus Kompa sieht kaum Chancen für die Behörde.
       
   DIR Die WAZ-Kinder von Wikileaks: Die Hälfte ist Spam
       
       Seit Dezember betreibt auch die WAZ-Mediengruppe ein Enthüllungsportal. Der
       verantwortliche Redakteur zieht eine positive Bilanz - obwohl viel Müll
       ankommt.