# taz.de -- US-Sicherheitsberater zurückgetreten: Versehentlich gelogen
> Michael Flynn musste gehen, weil er die Unwahrheit über ein
> Telefongespräch mit dem russischen Botschafter sagte. Kommt da noch mehr?
IMG Bild: Leicht angespannt: Michael Flynn (Mitte) und Trumps engste Mannschaft vor der Presse am Montag im Weißen Haus
Berlin taz | Das ging denn doch schnell: Nach nicht einmal vier Wochen im
Amt ist Exgeneral Michael Flynn am Montagabend von seinem Posten als
Nationaler Sicherheitsberater der USA zurückgetreten. Wenig später besetzte
Präsident Donald Trump den Posten vorübergehend mit dem früheren General
Keith Kellogg.
Kellogg ist auch einer von drei Kandidaten, die derzeit als ständige
Nachfolger Michael Flynns gehandelt werden. Die anderen sind der frühere
CIA-Chef Exgeneral David Petraeus und der Vizeadmiral Robert Harward.
Flynn war über Telefongespräche gestolpert, die er im Dezember mit dem
russischen Botschafter Sergej Kilyak geführt hatte: Darin, so wird ihm
vorgeworfen, hatte er über die – von Präsident Barack Obama wegen der
russischen Einmischung in die US-Wahlen verhängten – Sanktionen gegen
Russland gesprochen. Flynn habe dem Botschafter versichert, die Sanktionen
würden mit Trumps Amtsantritt schon verschwinden, er solle sich nicht zu
große Sorgen machen.
Damit verstieß Flynn nicht nur gegen diplomatische Gepflogenheiten, sondern
womöglich auch gegen US-Gesetze. Namentlich der sogenannte „Logan Act“
verbietet es Privatpersonen, nicht autorisierte Verhandlungen mit
ausländischen Regierungen über US-Angelegenheiten zu führen. Dieses Gesetz
allerdings, obwohl 1799 eingeführt, wurde noch nie zur Strafverfolgung
angewendet – und das wird wohl auch so bleiben.
Flynn hatte wochenlang bestritten, mit Kilyak über die Sanktionen
gesprochen zu haben. Dann aber veröffentlichte die Washington Post
vergangene Woche einen Bericht, der unter Berufung auf neun verschiedene
Geheimdienstquellen das Gegenteil aussagte. Flynn ruderte zurück, sprach
davon, „möglicherweise“ sei das Thema bei seinem Telefongesprächen doch
angesprochen worden, er sei sich nicht so sicher.
## Angeblich nur ein Versehen
In seinem Rücktrittsschreiben erklärt Flynn nun, er habe den
Vizepräsidenten Mike Pence versehentlich nicht vollständig informiert,
wofür er ihn und den Präsidenten um Entschuldigung bitte. Pence war Mitte
Januar vor die Öffentlichkeit getreten und hatte – unter Berufung auf
Gespräche mit Flynn – kategorisch versichert, an den Vorwürfen sei nichts
dran.
Nach allgemeiner Einschätzung ist es vor allem die Tatsache, dass Flynn
gegenüber dem Vizepräsidenten gelogen haben soll, die ihn jetzt das Amt
gekostet hat.
Aber war Pence wirklich so ahnungslos? Am Montag hat die Washington Post
jetzt einen Bericht veröffentlicht, wonach das Justizministerium – noch
unter der inzwischen gefeuerten Interimsministerin Sally Yates – schon vor
Wochen vor Flynns möglicher Erpressbarkeit durch die russische Regierung
gewarnt hatte. Die Ministerin und die Geheimdienste wussten seit Längerem,
dass Flynn mit dem russischen Botschafter tatsächlich über die Sanktionen
gesprochen hatte.
Wenn aber auch der Vizepräsident schon früher darüber informiert gewesen
sein sollte, dann hat er bewusst die Öffentlichkeit belogen.
Flynns schneller Rücktritt wäre in diesem Fall vor allem ein Versuch, die
Affäre so klein wie noch eben möglich zu halten.
Michael Flynn war im Wahlkampf recht früh zu Trump gestoßen. Der
konservative Exmilitär erwies sich als erfolgreicher Einpeitscher. Immer
wieder griff er zum Beispiel die demokratische Bewerberin Hillary Clinton
scharf an. Er animierte die Menge zu „Lock her up!“-Sprechchören – also der
Forderung, Clinton wegen ihres laxen Umgangs mit sicherheitsrelevanten
E-Mails hinter Gitter zu bringen. Und: Er zeigte sich Trump gegenüber
absolut gefügig und loyal.
## Ein besonderes Verhältnis
Flynns besonderes Verhältnis zu Russland ist seit Langem bekannt. 2015
hatte er auf Einladung des Kreml-Senders RT in Russland bezahlte Reden
gehalten, bei einem Dinner-Empfang in Moskau saß er neben Präsident
Wladimir Putin. Das passte zu Trumps eigener Bewunderung des „starken
Leaders“ Putin.
Russische Abgeordnete reagierten am Dienstag in Moskau ungehalten auf die
Nachricht von Flynns Rücktritt. Konstantin Kossatschow, der Vorsitzende des
Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, sagte, wenn Flynn wegen
Kontakten zu Russland gefeuert worden sei, dann sei das „nicht nur
Paranoia, sondern noch viel schlimmer“.
Und Alexei Puschkow, Chef des Außenausschusses der Duma, tweetete: „Das
ging nicht gegen Flynn, sondern gegen die Beziehungen zu Russland.“ Putin
selbst enthielt sich jeden Kommentars. Sein Sprecher Dmitri Peskow sagte:
„Das geht uns nichts an“, im Übrigen sei es viel zu früh, etwas über
mögliche Auswirkungen auf das US-russische Verhältnis zu sagen: „Trumps
Team funktioniert doch noch gar nicht richtig.“
14 Feb 2017
## AUTOREN
DIR Bernd Pickert
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