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       # taz.de -- Reifenhersteller in Mexiko: America First auch für Zulieferer
       
       > In Mexikos größter Reifenfabrik geht die Angst vor dem neuen
       > Protektionismus um. US-Zölle wären ein Dämpfer für den bilateralen
       > Handel.
       
   IMG Bild: Ein dystopisches Bild
       
       GUADALAJARA taz | Der Truck am Haupteingang der Reifenfabrik von El Salto
       ist schon von Weitem zu sehen. „Das wird eine Lieferung Gummi aus
       Indonesien sein“, vermutet Jésus Torres Nuño und biegt auf den Parkplatz
       ein. Dort parken die Mitarbeiter des rund zwanzig Kilometer von Mexikos
       Industriemetropole Guadalajara entfernten Reifenwerks. Das soll in diesem
       Jahr zum größten in Mexiko werden. „Die Nachfrage ist da, nur der US-Dollar
       macht uns zu schaffen und die politische Unsicherheit“, erklärt der
       56-Jährige ehemalige Reifenarbeiter.
       
       Torres Nuño vertritt seit 2005 die von den Arbeitern gegründete
       Genossenschaft Tradoc, die nach einem erfolgreichen Arbeitskampf gegen den
       deutschen Continental-Konzern rund die Hälfte der Anteile des Reifenwerks
       übernahm. Die andere Hälfte gehört Cooper Tire, einem der großen
       Reifenproduzenten der USA. Seit 2008 läuft das ungewöhnliche Joint Venture;
       die Zahl der Mitarbeiter ist seitdem von 600 auf fast 1.400 gewachsen.
       
       „Wachsen wollen wir auch in diesem Jahr“, sagt Jesús Torres Nuño, der
       gerade vom Stammsitz von Cooper Tire aus Ohio zurückgekommen ist, wo die
       Ziele für 2017 abgesteckt wurden. „Die Tagesproduktion soll auf 23.000
       Reifen pro Tag steigen. Dafür werden wir investieren, um zu Mexikos größtem
       Reifenwerk zu werden.“ Mexiko ist in den letzten Jahren aufgrund geringerer
       Kosten nicht nur zu einem der größten Autoproduzenten weltweit geworden,
       sondern auch zu einem der größten Zulieferer. Allerdings haben sich die
       Perspektiven in den letzten Monaten nicht gerade verbessert, sagt Torres
       Nuño mit einem bitteren Lächeln.
       
       Die Talfahrt des mexikanischen Peso macht ihm Sorgen. „Die Reformagenda von
       Präsident Enrique Peña Nieto ist gescheitert. Nun müssen wir mit einem
       schwachen Peso klarkommen“, klagt er. Dem steht ein starker Dollar
       gegenüber, und da die Rohstoffe für die Reifenproduktion zu 85 Prozent in
       der US-Währung gehandelt werden, ist Kautschuk und Co. deutlich teurer.
       
       ## Bloß nicht auffallen
       
       Doch das ist nicht das einzige Problem. Bei Cooper Tire wie bei Tradoc
       blickt man gespannt nach Washington. Wird Donald Trump nach der
       Automobilindustrie auch deren Zulieferer ins Visier nehmen? Am Stammsitz
       von Cooper gelte die Devise: Bloß nicht auffallen. In Mexiko ist die Angst
       vor Zöllen auf mexikanische Produkte hingegen quasi greifbar.
       
       Das wäre ein Dämpfer für den bilateralen Handel. „Zölle werden wie ein
       Bumerang vor allem die US-Verbraucher treffen. Die müssten sich auf höhere
       Preise einstellen“, prophezeit Torres Nuño. Nicht nur für Reifen, sondern
       auch für Avocados, die zum Finale des Super Bowl am kommenden Wochenende en
       Gros als Guacamole, eine Avocadopaste, konsumiert werden. Aber auch Obst,
       darunter Erdbeeren und Ananas, und Industriemetalle wie Kupfer, Molybdän,
       Blei und Zink werden dem großen Nachbarn geliefert.
       
       Donald Trump wirft Mexiko vor, stärker von den Nafta-Freihandelsverträgen
       mit den USA und Kanada zu profitieren als die US-Wirtschaft. Dass Mexiko
       aufgrund von Kostenvorteilen und zahlreicher Freihandelsverträge zu einer
       Drehscheibe der internationalen Automobilindustrie geworden ist, passt dem
       US-Präsidenten nicht. Der will die Abwanderung von Industriearbeitsplätzen
       gen Süden stoppen, auch auf Kosten des mexikanischen Partners.
       
       ## Verstimmung in Mexiko
       
       Das hat in Mexiko für Verstimmung gesorgt. „Kampagnen laufen, nichts bei
       den Gringos zu kaufen“, erklärt Torres Nuño und grüßt ein paar Arbeiter,
       die Schichtende haben. Die Kaffeekette Starbucks, aber auch
       Fastfood-Unternehmen sind bereits in Ungnade gefallen. Der mexikanische
       Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo plädiert für die Diversifizierung
       der Exporte. Die gehen zu achtzig Prozent in die USA.
       
       Das war im Reifenwerk von El Salto auch lange der Fall. Heute geht nur noch
       die Hälfte der Reifen nach Norden, die andere Hälfte wird in Mexiko auf
       Felgen gezogen oder nach Kolumbien und Brasilien exportiert. Dennoch: Die
       Angst von dem Trump-Protektionismus ist da.
       
       2 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karl Kaufmann
       
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