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       # taz.de -- Krimiserie „Trapped“ im ZDF: Im Schneesturm geht ein Mörder um
       
       > Internationale Koproduktion mit isländischem Flair: Die packende
       > Krimiserie „Trapped“ überzeugt mit konkreten lokalen Inhalten.
       
   IMG Bild: Der Kapitän schmeißt die Passagiere raus. Kommissar Andri kämpft sich durch
       
       Plötzlich ist das Liebesnest von Dagný und Hjörtur in der verlassenen
       Fabrik von Flammen umzingelt. Dagný stirbt, Hjörtur verliert die Besinnung.
       Er wird später behaupten, ein Unbekannter habe ihn gerettet. Doch alle
       halten ihn für den Brandstifter. Für Dagnýs Mörder.
       
       Sieben Jahre später kehrt der zwischenzeitlich verzogene Hjörtur (Baltasar
       Breki Samper) überraschend zurück – als Crewmitglied der Fähre, die das
       dänische Hirtshals mit dem an Islands Ostküste gelegenen Seyðisfjörður
       verbindet. Im Fahrwasser des majestätischen Schiffes geht zwei Fischern ein
       menschlicher Torso ins Netz. Die Vermutung liegt nahe, dass er über Bord
       geworfen wurde.
       
       In Seyðisfjörður sorgten bislang allenfalls Verkehrsdelikte für Aufregung;
       jetzt stehen den beiden Streifenbeamten und Revierleiter Andri Ólafsson
       (Ólafur Darri Ólafsson) größere Turbulenzen ins Haus. In Reykjavík macht
       sich eine Mordkommission reisefertig. Dann bricht der Schneesturm los.
       Keine Flüge mehr, die Passstraße gesperrt. Seyðisfjörður ist abgeschnitten.
       
       Schnee, Frost und Lawinen werden zu einem bestimmenden Faktor der
       Geschichte. Revierleiter Andri Ólafsson nimmt selbst die Ermittlungen auf.
       Dabei kommt es zum Streit mit dem Kapitän der Fähre (Bjarne Henriksen), der
       die Passagiere unter einem fadenscheinigen Vorwand nicht an Bord behalten
       will. Prompt durchbricht ein Camper die Grenzkontrolle. Doch auf den
       eisglatten Straßen kommt er nicht weit. Andri und sein Kollege Ásgeir
       (Ingvar Eggert Sigurðsson) können den Fahrer im dichten Schneegestöber
       stellen. Fall geklärt? – Mitnichten. Das Drama hat gerade erst begonnen.
       
       ## „Zuschauer wollen echten Leuten zusehen“
       
       Soeben zeigte Arte die britische Produktion „Fortitude“, die ein mit
       „Trapped“ eng verwandtes Szenario aufweist, aber in ein Horrorfinale
       mündet. „Trapped“ erlangt ein höheres Niveau. Die Serie basiert auf einer
       Idee des Hollywood-erfahrenen isländischen Regisseurs Baltasar Kormákur. Er
       inszenierte die Auftaktfolge und gab damit die düstere Tönung vor, die über
       beinahe allen Episoden liegt.
       
       An der in Großbritannien bereits mit Erfolg ausgestrahlten Produktion waren
       neben dem ZDF skandinavische Anstalten, France Télévisions und die BBC
       beteiligt, die Autoren stammen aus unterschiedlichen Ländern.
       
       Federführend war der international tätige Produzent Klaus Zimmermann: „Wir
       haben uns in regelmäßigen Abständen für jeweils eine Woche getroffen und
       pro Session die Grundgerüste von zwei Büchern entwickelt“, erklärt er die
       Drehbuchentwicklung. „Ich glaube, der Trend geht heute eindeutig zum
       Authentischen“, sagt Zimmermann. „Die Zuschauer wollen echten Leuten
       zusehen, echte Geschichten erleben, gerne auch in neuen Umgebungen –
       Stichwort Eskapismus –, in einem, zumindest im Ansatz, bekannten Genre.“
       
       ## Brillanter Kniff
       
       Landschaft und Witterung sorgen in „Trapped“ optisch für isländisches
       Flair, ebenso die einheimischen Schauspieler. Die volle Wirkung entfaltet
       sich jedoch durch die konkreten lokalen Inhalte. Die Notabeln von
       Seyðisfjörður planen ein ehrgeiziges Hafenbauprojekt – sie wollen davon
       profitieren, dass die Nord-West-Passage durch das Nordpolarmeer bald
       dauerhaft schiffbar sein wird. Die isländische Bankenkrise von 2008 klingt
       an, nicht zwanghaft abgehakt, sondern schlüssig verwoben.
       
       Mit einem brillanten Kniff wird auch das Flüchtlingsthema eingearbeitet.
       Die vorübergehend in Seyðisfjörður gestrandeten Passagiere müssen versorgt
       werden: improvisierte Nachtlager in der Turnhalle, freiwillige Helfer an
       der Essensausgabe. Eine aussagekräftige Umkehrung: So rasch können
       Wohlstandseuropäer selbst in eine Notlage geraten.
       
       Andris Ermittlungsschritte werden zu Puzzleteilen eines
       Kleinstadtpanoramas. Damit ist „Trapped“ der brillanten britischen Serie
       „Broadchurch“ näher als manche der mitunter allzu plump auf Nervenkitzel
       angelegten Serien des sogenannten Nordic Noir. So verästelt die Geschichte
       auch sein mag, sie läuft nie aus dem Ruder und bleibt bis zur Auflösung
       lebensweltlich und überzeugend.
       
       19 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Harald Keller
       
       ## TAGS
       
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