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       # taz.de -- Eltern müssen Smarte Puppe zerstören: „Leichtes Spiel für Täter“
       
       > Nach dem Rechtsgutachten von Stefan Hessel hat die Bundesnetzagentur eine
       > sprechende Puppe verboten. Das Spielzeug sei nicht abhörsicher, sagt
       > dieser.
       
   IMG Bild: Die sind auch gruselig, sprechen aber wenigstens nicht: Verstaubte Schaufensterpuppen
       
       taz: Herr Hessel, Sie haben [1][ein Rechtsgutachten geschrieben], wonach
       Herstellung, Vertrieb und sogar Besitz einer internetfähigen sprechenden
       Puppe namens „My Friend Cayla“ strafbar sind. Die Netzagentur stimmt Ihnen
       zu und fordert Besitzer dieses Spielzeugs auf, es zu zerstören. Was ist das
       Problem? 
       
       Stefan Hessel: [2][Die Puppe sieht aus wie ein Alltagsgegenstand], ist aber
       eine getarnte Sendeanlage. Die sind laut [3][Paragraf 90 im
       Telekommunikationsgesetz (TKG)] in Deutschland verboten. Das Spielzeug ist
       über Bluetooth mit einem Mobiltelefon verbunden – diese Verbindung ist aber
       nicht abgesichert. Dadurch entstehen Abhörmöglichkeiten. Ich kann mit einem
       anderen Smartphone oder einem Laptop auf Mikrofon und Lautsprecher der
       Puppe zugreifen, also Ton aufzeichnen oder auch Ton wiedergeben.
       
       Das heißt, man könnte durch die Puppe sprechen? 
       
       Ganz genau. Die britischen Forscher, die diese Sicherheitslücke aufgedeckt
       haben, haben zum Beispiel Abschnitte aus dem „Schweigen der Lämmer“ auf dem
       Lautsprecher der Puppe abgespielt.
       
       Aber Programme wie Apples Siri machen doch genau das gleiche – und die sind
       nicht verboten. 
       
       Der Gesetzgeber hat 2011 klargestellt, dass Mobiltelefone von dem Gesetz
       nicht erfasst sind. Es gibt zwei wichtige Aspekte: ob der Gegenstand eine
       Sendeanlage ist, und ob er getarnt ist. Speichert ein Gerät mit Mikrofon
       und Kamera die Daten beispielsweise nur auf einer Speicherkarte, ist er
       keine Sendeanlage. Der andere Punkt ist die Tarnung. Um verboten zu sein,
       muss das Objekt vortäuschen, ein Alltagsgegenstand zu sein oder damit
       verkleidet sein – das bei der Puppe der Fall. Von außen ist die Aufnahme-
       und Sendefunktion nicht zu erkennen. Bei einem Telefon ist das anders.
       Ebenso bei offen platzierten Wanzen: Die sind zwar Sendeanlagen, aber nicht
       getarnt. Man sieht die Antenne und das Mikrofon. Wanzen darf man also
       besitzen.
       
       Aber ich dürfte sie nicht in einer Puppe verstecken. 
       
       Genau. Dann wären sie getarnt. Es kommt immer darauf an, wie und wo die
       Sendeanlage platziert ist.
       
       Wieso haben Sie sich ausgerechnet diese Puppe vorgenommen? Gibt es nicht
       viel drängendere Baustellen? 
       
       Laut Hersteller ist es die erste smarte Puppe auf dem Markt. Und diese
       Puppe beinhaltet eine gravierende Sicherheitslücke. Der Hersteller hat es
       versäumt, sich ausreichend Gedanken um Sicherheitsaspekte und Datenschutz
       zu machen. Dass so ein Gerät in die Kinderzimmer kommt, ist schon ein
       starkes Stück. Das Verbot jetzt wirkt hoffentlich auch als Signal an andere
       Hersteller, dass man seine Geräte abzusichern hat. Ein Berliner Start-up
       entwickelt auch gerade eine smarte Puppe – dort hat man ganz bewusst auf
       Mikrofon und Lautsprecher verzichtet, um die Privatsphäre von Kind und
       Eltern zu schützen.
       
       7-jährige Kinder sagen nun wirklich nicht viel, was irgendeinen
       Geheimdienst interessiert, oder? 
       
       Man sollte sich dabei weniger Gedanken um Geheimdienstangriffe machen als
       vielmehr um böswillige Streiche von Leuten, die Kinder erschrecken wollen.
       Und auch im Bereich der Kinderpornografie oder des Kindesmissbrauchs
       könnten sich Täter Zugriff verschaffen. Es geht dabei weniger um die NSA
       als um Alltagstäter. Der Hersteller hat mit seiner Nachlässigkeit breite
       Missbrauchsmöglichkeiten geschaffen.
       
       „Wer will mich schon abhören“, heißt es oft. Gehen wir zu leichtfertig mit
       unserer Privatsphäre um? 
       
       Ich glaube teilweise ja. Für den Endverbraucher ist es aber auch wahnsinnig
       schwierig zu überprüfen, ob Handy oder Spielzeug sicher sind. Selbst ich
       kann kaum alle meine Geräte daraufhin überprüfen, ob der Hersteller
       regelmäßig Sicherheitsupdates liefert. Ich kann zwar entscheiden, meine
       Geräte nicht mit dem Internet zu verbinden. [4][Aber das ist ja heute nicht
       mehr immer möglich.]
       
       17 Feb 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20170013
   DIR [2] http://myfriendcayla.de/#
   DIR [3] https://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/__90.html
   DIR [4] /!5282560/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
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