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       # taz.de -- Streit um Polens Verfassungsgericht: Beißhemmungen gegen die PiS
       
       > Die polnische Regierung will bei der Besetzung des Verfassungsgerichts
       > nicht einlenken. Die EU ist machtlos, die Mitgliedsstaaten scheuen den
       > Streit.
       
   IMG Bild: Bleiben hart: Polens Premierministerin Beata Szydlo mit PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski
       
       Brüssel taz | Wenn Griechenland nicht spurt, dann drehen die Gläubiger den
       Geldhahn zu. Doch wenn Polen ein EU-Ultimatum verstreichen lässt, dann
       passiert – nichts. Man brauche noch Zeit, um über eine Reaktion
       nachzudenken, sagte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis am Mittwoch in
       Brüssel.
       
       Da war die Frist schon 24 Stunden verstrichen. Bis zum 21. Februar sollte
       die polnische Regierung die eklatanten Verstöße gegen die rechtsstaatliche
       Ordnung der EU ausräumen, hatte die Brüsseler Behörde Ende Dezember
       gefordert. Doch die denkt gar nicht daran, im Gegenteil. Statt eine
       einvernehmliche Lösung zu suchen, ging Außenminister Witold Waszczykowski
       zum Gegenangriff über.
       
       Für seine Regierung sei der Streit erledigt, sagte er. „Die Kommission und
       viele Kommissare überschreiten ihre Befugnisse“, behauptet Waszczykowski.
       EU-Kommissar Frans Timmermans warf dem Außenminister vor, „alternative
       Fakten“ zu verbreiten. „Die EU baut auf Rechten und Werten auf.“ Richter
       dürften keinen Weisungen unterworfen werden. 
       
       Doch genau das macht die rechtskonservative Regierung in Warschau. Im
       Dezember hatte sie Julia Przyłębska, eine von den regierenden PiS-Partei
       gewählte Richterin, zur neuen Vorsitzenden des Verfassungsgerichts ernannt.
       Danach wurden die übrigen Richter auf Linie gebracht.
       
       ## Zieht Brüssel die Nuklearoption
       
       Die große Frage ist nun, ob Brüssel mit der „Nuklearoption“, dem Entzug des
       Stimmrechts für Polen im EU-Ministerrat droht – oder kneift. Viele Optionen
       hat Brüssel nicht. Die Empfehlungen haben nichts gebracht. Die
       „Nuklearoption“ will die EU-Kommission aber auch nicht auslösen, da Ungarn
       bereits sein Veto angekündigt hat; die Kommission würde also den Kürzeren
       ziehen.
       
       Als wahrscheinlichste Variante gilt daher, dass die Brüsseler Behörde den
       Rat – also die Vertretung der 28 EU-Staaten – über die Pattsituation
       informiert und zu einer Stellungnahme auffordert. Dann müssten auch
       Kanzlerin Angela Merkel und ihre Amtskollegen Position beziehen. Der
       Schwarze Peter läge bei den Chefs.
       
       Die aber wollen aber keinen offenen Streit mit Warschau. Schließlich steckt
       die EU schon jetzt tief in der Krise. Die Regierungschefs litten unter
       einer Beißhemmung, heißt es nun bissig in Brüssel. Das Spiel sei aber noch
       nicht aus: Man könne den Streit vor den EU-Gipfel im März bringen. Dann
       müssten Merkel & Co doch noch Farbe bekennen.
       
       22 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
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