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       # taz.de -- Sächsische Kollekte
       
       > FINANZKRISE Das Frauenhandballteam des HC Leipzig liegt finanziell am
       > Boden, doch der Klub will um den Fortbestand kämpfen
       
   IMG Bild: Noch steckt sie im blau-gelben Trikot, aber bald schon nicht mehr: Leipzigs Anne Hubinger
       
       aus Leipzig Britt Schlehahn
       
       Anfang Dezember beginnt in Leipzig die Handball-WM der Frauen. Bis dahin
       könnte eine neue Zeitrechnung im lokalen Frauenhandball begonnen haben. Der
       Handballclub Leipzig (HCL) stellte zuletzt nach zahlreichen Berichten über
       eine drohende Insolvenz seine konkrete finanzielle Situation vor. 900.000
       Euro sind für eine komplette Entschuldung nötig. Bis Ende März müssen die
       Unterlagen für die Lizenzvergabe in der nächsten Saison vorliegen. Der Gang
       in die Öffentlichkeit soll 500.000 Euro bringen. Ein Spendenkonto wurde
       eingerichtet, um die Summe aufzubringen. Zu Jahresbeginn hatte der
       langjährige Manager Kay-Sven Hähner noch eine öffentliche Debatte zur
       finanziellen Lage ausgeschlossen.
       
       Sportbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) möchte das Leipziger
       Aushängeschild für Erstligasport erhalten. „Konstruktive Gespräche“ würden
       derzeit geführt. Rosenthal sieht bewusst optimistisch in die Zukunft, denn
       die Schuldensumme sei „nicht unlösbar“ (Leipziger Volkszeitung). Um
       weiterhin hochklassigen Frauenhandball in der Stadt sehen zu können, muss
       ein Sanierungsplan her. Erst wenn der vorliegt, möchte die Stadt ihre
       Entscheidung zur Unterstützung fällen.
       
       ## „Die Lage ist ernst“
       
       Manager Hähner gibt sich zuversichtlich. „Die Lage ist ernst, aber nicht
       aussichtslos“, sagt er. Der Schuldenberg bedeute nicht automatisch „das
       Ende“. Die Mannschaft scheint eh recht unbeeindruckt von der Situation. Sie
       hat zuletzt gegen Metzingen, Neckarsulm und Göppingen gewonnen und am
       Wochenende mit 31:25 bei der HSG Blomberg-Lippe. Dennoch ist die Torhüterin
       und Kapitänin Katja Kramarczyk nach über acht Jahren beim HCL mit
       sofortiger Wirkung zu Bayer Leverkusen gewechselt. Sie ist nicht die
       Einzige, die dem HCL den Rücken kehrt. Die Verträge anderer
       Leistungsträgerinnen wie Anne Hubinger, Saskia Lang und Shenia Minevskaja
       laufen zum Saisonende aus. Daher überrascht es nicht, dass die Wechsel von
       Hubinger zum Thüringer HC und von Minevskaja nach Metzingen vermeldet
       wurden.
       
       Ausgerechnet Minevskajas Konterfei prangte beim letzten Heimspiel noch auf
       einem Plakat mit der Aufschrift „Jetzt erst recht!“, mit dem für
       finanzielle Unterstützung geworben wurde. Die ausgelegten Klatschpappen
       erinnerten an den letzten großen Erfolg, den Pokalsieg gegen den THC im Mai
       vergangenen Jahres. Damals spielte der HCL vor über 4.500 Zuschauern in der
       Arena. Der blau-gelbe Fanblock sorgte für einen ordentlichen Lärmpegel. Die
       in der Mehrzahl älteren Herrschaften trugen stolz ihre Trikots mit den
       Aufschriften „Deutscher Meister 2010“ oder „Rekordmeister“.
       
       Der HCL gehört zu den traditionsreichsten Frauenmannschaften in
       Deutschland. Die Geschichte geht ins Jahr 1963 zurück. Damals schlossen
       sich die Mannschaften des SC Lokomotive Leipzig und der BSG Rotation
       Leipzig-Mitte zum SC Leipzig zusammen. Auf dessen Konto gehen bis 1992 mehr
       als zehn Meistertitel, drei Pokalsiege und internationale Titel. 1999 wurde
       der HCL gegründet. Zuvor spielte das Team unter der Flagge des VfB Leipzig.
       Nach 1989 gewann die Mannschaft sechs Titel und sieben Mal den Pokal.
       
       ## Schwindende Schlagkraft
       
       Mittlerweile sind schon über 20.000 Euro auf dem Unterstützerkonto
       eingegangen. Die neue Kapitänin Alexandra Mazzucco möchte beim HCL bleiben.
       Das freut Trainer Trainer Norman Rentsch. Er kam 2014 zum HCL, sein Vertrag
       wurde vorzeitig bis 2019 verlängert. Er kämpft nicht nur gegen den
       finanziellen Engpass, sondern er muss auch mit der schwindenden Schlagkraft
       des Kaders umgehen. Rentsch weiß, dass man weder mit 18- noch 20-jährigen
       Spielerinnen um die Titel spielt, sondern eher im Mittelfeld.
       
       In der Champions League verabschiedete sich der Verein bereits nach der
       Gruppenphase. Die Teilnahme daran räumt der Manager mittlerweile als Fehler
       ein. Die internationalen Spiele gaben aber den aus dem Juniorteam
       stammenden Spielerinnen Praxis für den Bundesligaalltag. Aus dem für den
       HCL sehr ungewohnten unteren Mittelfeld der Tabelle kämpfte sich die
       Mannschaft nun auf den vierten Platz hoch. Unterstützt werden die
       Handballerinnen übrigens auch von den Fußballern von RB Leipzig. Der Klub
       versteigert Trikots vom Spiel gegen Gladbach.
       
       27 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Britt Schlehahn
       
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