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       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Le Pen und Fillon im Visier der Justiz
       
       > Zwei prominente Kandidaten haben juristischen Ärger. Den Republikaner
       > Fillon kostet das Stimmen, bei Marine Le Pen sieht es anders aus.
       
   IMG Bild: Marine Le Pen und François Fillon beim Karneval in Nizza
       
       Paris taz | Ein baldiges Ende des „Penelopegate“ ist nicht in Sicht für
       François Fillon. Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner hatte
       gehofft, das Interesse an den Anschuldigungen wegen Beschäftigung seiner
       Frau und seiner Kinder als fiktive parlamentarische Assistenten nach den
       explosiven Enthüllungen des Canard enchaîné werde abflauen. Er setzte auf
       die Vergesslichkeit der Öffentlichkeit.
       
       Doch die Justiz gönnt ihm keine Ruhe oder Verschnaufpause. Éliane Houlette,
       die Chefin der nationalen Finanzbrigade, hat erklärt, aufgrund ihrer
       Voruntersuchung sei zu viel Belastungsmaterial gegen Fillon vorhanden, um
       das Verfahren in diesem Stadium einfach einzustellen. Damit wird es ernst
       für Fillon.
       
       Jetzt hat die Justiz drei auf Finanzdelikte spezialisierte
       Untersuchungsrichter auf ihn angesetzt. Sie werden mit weitgehenden
       Kompetenzen dem Verdacht auf Veruntreuung, Unterschlagung, Missbrauch der
       Amtsmacht und Unterlassungen bei der obligatorischen Offenlegung des
       Vermögens durch Volksvertreter nachgehen und dann über die Eröffnung eines
       Strafverfahrens entscheiden.
       
       Damit hängt während der restlichen Zeit des Wahlkampfes ein Damoklesschwert
       über dem Kandidaten Fillon: Er muss jederzeit damit rechnen, zu einer
       Befragung vorgeladen oder in extremis dazu in Polizeigewahrsam genommen
       werden. Seine Kampagne ist dadurch bereits kompromittiert. In den jüngsten
       Umfragen liegt der anfängliche Favorit mit nur noch 19 Prozent klar hinter
       Marine Le Pen mit 27 Prozent und Emmanuel Macron mit 25 Prozent auf den
       dritten Platz.
       
       Auch Marine Le Pen und ihr Front National beschäftigen in intensiver Weise
       die Justiz. Ihr wird von der Verwaltung des Europaparlaments vorgehalten,
       EU-Gelder illegal für die Bezahlung von Mitarbeitern ihrer Partei genutzt
       zu haben. Deshalb werden ihre Bezüge seit März um die Hälfte gekürzt. Zudem
       hat die Polizei den Sitz des FN durchsucht, gegen Vertraute der
       Parteichefin ist nach Verhören ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden.
       
       ## Ein Gewohnheitsrecht, das es nicht gibt
       
       Die Präsidentschaftskandidatin selbst hat sich jedoch aufgrund ihrer
       Immunität als EU-Abgeordnete geweigert, einer polizeilichen Vorladung Folge
       zu leisten. Sie beruft sich auch auf ein angebliches Gewohnheitsrecht,
       wonach die Justiz die Kandidaten während der Wahlperiode in Ruhe lassen
       müsse. Eine solche Schonzeit aber existiere nirgends im französischen
       Recht, teilte ihr Justizminister Jean-Jacques Urvoas mit. Ungehalten meinte
       Premierminister Bernard Cazeneuve, auch Madame Le Pen stehe nicht über dem
       Gesetz.
       
       Fillon und Le Pen gehen wohl zu Unrecht davon aus, ihre Tricks zur
       Finanzierung der Politik seien so etwas wie „Kavaliersdelikte“ oder Usus.
       Sie müssen konstatieren, wie sich die Justiz unerschrocken in die
       Präsidentschaftswahlen „einmischt“. Sie versuchen glaubhaft zu machen,
       hinter den Enthüllungen stünden politisch einseitige Interessen, wenn nicht
       sogar Verschwörungen ominöser Drahtzieher.
       
       Anders als im bürgerlichen Lager von Fillon, wo die Zweifel an dessen
       Integrität für Verunsicherung gesorgt haben, scheinen die Vorwürfe an die
       Adresse der Rechtspopulistin die Anhänger in ihrer Überzeugung zu
       bestärken, dass die Chefin des FN vom „System“, zu dem neben den Medien und
       den Behörden auch die Justiz gezählt wird, in einseitiger Weise zur
       Rufschädigung attackiert werde.
       
       In Nantes zögerte die Kandidatin am Sonntag nicht, den ermittelnden Beamten
       im Fall ihrer Machtübernahme mit einer Säuberung zu drohen. Die Justiz wird
       wie die Medien zum Feind erklärt, auch das hat Le Pen von ihrem Vorbild
       Donald Trump gelernt.
       
       27 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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