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       # taz.de -- Sonderregel für das Rote Kreuz: Die Dauer-Leih-Schwestern
       
       > Das Rote Kreuz bekommt eine Ausnahme: Es darf Krankenschwestern
       > unbefristet an Dritte entsenden. Ein Arbeitsrechtler kritisiert das.
       
   IMG Bild: Die DRK-Leih-Schwestern machen dieselbe Arbeit wie das hauseigene Personal
       
       Hamburg taz | Für das Deutsche Rote Kreuz (DRK) macht Andrea Nahles eine
       Ausnahme: Für Krankenschwestern, die das Rote Kreuz ähnlich wie eine
       Leiharbeitsfirma an Krankenhäuser entsendet, will sie einen Teil des
       Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes außer Kraft setzen. Dabei hat das
       Bundesarbeitsgericht erst vergangene Woche am seit 60 Jahren bestehenden
       antiquierten [1][Sonderstatus für die sogenannten DRK-Schwesternschaften]
       gekratzt.
       
       Rund 24.000 Frauen sind als Krankenschwestern in den bundesweit 33
       DRK-Schwesternschaften als Mitglieder organisiert, um einen Job zu
       bekommen. 6.000 von ihnen arbeiten in DRK-Kliniken oder -Einrichtungen,
       aber 18.000 Schwestern sind täglich in privaten oder städtischen
       Krankenhäusern eingesetzt. Sie werden von den DRK-Schwesternschaften über
       „Gestellungsverträge“ den Kliniken zur Verfügung gestellt, teilweise für
       Jahre.
       
       Obwohl sie dieselben Tätigkeiten verrichten wie das klinikeigene Personal,
       gelten DRK-Schwestern bislang nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts
       nicht als Beschäftigte nach dem Betriebsverfassungsgesetz und verfügen über
       keine Arbeitsverträge und -rechte. Sie besitzen keinen Kündigungsschutz und
       dürfen auch keinen Betriebsrat wählen. Sie leisten Arbeit aufgrund ihrer
       DRK-Mitgliedschaft, ihr Gehalt auf Tarifniveau wird ihnen offiziell als
       „Aufwandsentschädigung für karitativen Einsatz“ von der Schwesternschaft
       gezahlt. Bei Konflikten zählt ausschließlich die Vereinssatzung.
       
       ## EU-Leiharbeitsrichtlinie
       
       Im Zuge eines Arbeitsrechtsstreits des Personalrats des Uniklinikums Essen
       und des Betriebsrats der Ruhrlandklinik über den Einsatz von DRK-Schwestern
       ließ das Bundesarbeitsgericht im vergangenen Jahr vom Europäischen
       Gerichtshof (EuGH) prüfen, ob die DRK-Schwesternschaften nach europäischem
       Recht unter die EU-Leiharbeitsrichtlinie fallen. Der EuGH in Luxemburg
       bejahte dies im November vorigen Jahres: Das deutsche
       Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sei anwendbar, wenn eine
       DRK-Schwesternschaft auf dem Wege eines Gestellungsvertrages eine Vielzahl
       von DRK-Mitgliedsschwestern einem Krankenhaus überlasse.
       
       Vergangene Woche entschied nun auch das Bundesarbeitsgericht, dass es sich
       um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt, wenn DRK-Schwestern in einem von
       Dritten betriebenen Krankenhaus eingesetzt werden, um dort nach dessen
       Weisung gegen ein Entgelt tätig zu werden.
       
       ## DRK-Gesetz soll geändert werden
       
       Doch bereits vor der Entscheidung hatten sich Nahles und DRK-Präsident
       Rudolf Seiters auf eine Ausnahme verständigt. Das
       Arbeitnehmerüberlassungsgesetz finde zwar Anwendung, aber ohne die
       Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten. Entsprechend soll das DRK-Gesetz
       geändert werden. „Dank der zugesagten Ausnahmeregelung wäre auch zukünftig
       die unbefristete Gestellung von Rotkreuzschwestern möglich“, sagt die
       Präsidentin des Schwesternschaft-Verbands, Gabriele Müller-Stutzer.
       
       Für den Hamburger Arbeitsrechtsanwalt Klaus Bertelsmann, der bereits
       mehrere Verfahren zur Gleichstellung der DRK-Schwestern geführt hat, ist
       die Ausnahmeregelung „unerfindlich“. „Die DRK-Schwestern könnten dann – wie
       bisher – über Jahre und Jahrzehnte hinweg in anderen Krankenhäuser tätig
       sein, ohne dort angestellt zu sein“, bemängelt Bertelsmann. Anscheinend sei
       der Druck der DRK-Leitung auf Nahles groß genug gewesen, „um unsinnige
       Ausnahmen zu schaffen und auch die absurde Stellung der
       DRK-Mitgliedsschwestern als Nichtarbeitnehmer nicht anzufassen“.
       
       1 Mar 2017
       
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