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       # taz.de -- Gut geölt geht besser
       
       > B-MOVIE „El Bar“: Im Slasher von Álex de la Iglesia werden Madrilenen
       > abgeschlachtet (Wettbewerb)
       
       Und mit einem Mal herrscht Schweigen: Gerade noch hatte dieser wild
       zusammengewürfelte Haufen am Kneipentresen irgendwo in Madrid fröhlich vor
       sich hin geschnattert, als draußen ein Schuss fällt. Ein Gast hatte zuvor
       das Etablissement verlassen, jetzt liegt er mit blutigem Schädel vor der
       Tür.
       
       ## Virusinfektion
       
       Einem zweiten Gast, der zur Hilfe eilt, geht es genauso. Von den Passanten
       ist plötzlich nichts mehr zu sehen. Spätestens ab dann wird aus dem Haufen
       eine Schicksalsgemeinschaft. Und die fragt sich bang: Was zur Hölle ist
       eigentlich los? „Twilight Zone“-artige Szenarien werden gewälzt und
       lautstark ausdiskutiert. Ist einer der Anwesenden vielleicht gesuchter
       Terrorist? Der Werbefuzzi-Hipster gar? Bart genug hätte er ja. Die Gruppe
       bringt sich in Rage und Paranoia, als zu allem Unglück auch noch ein
       desolater Typ auf dem Klo tot zusammenbricht und in seiner eitergelben
       Schwabbeligkeit ein eher ungutes Äußeres an den Tag legt. Eine
       Virusinfektion? Aus geheimen Militärexperimenten?
       
       Das ist der Stoff, aus dem man schrille B-Movies macht. Und daraus schöpft
       der spanische Regisseur Álex de la Iglesia beherzt. Sein Film „El Bar“ ist
       ein Glanzstück in Sachen Eskalation. Wo der Berlinale-Wettbewerb gerne auf
       geschmackssichere Dezenz setzt, haut dieser Hexenmeister der körperlichen
       Groteske ordentlich auf die Pauke.
       
       Das bringt frischen Wind in den Arthauszirkel der Berlinale und einige
       kopfschüttelnde Kritikerkollegen vorzeitig wieder ans Tageslicht –
       spätestens dann, wenn ein mit archaischen Bibelzitaten um sich werfender
       Gottseibeiuns von einem Hobo unter viel Olivenöleinsatz durch einen
       schmalen Gulli in die Kanalisation gepresst werden soll.
       
       ## Schrill hyperventilieren
       
       Dabei ist „El Bar“ im Grunde genommen auch nicht unpolitischer als die
       meisten Kosslick’schen Themenfilme. Dass die Gruppe in der Bar eine
       Allegorie auf eine verängstigte Gemeinschaft darstellt, wird ersichtlich.
       Iglesia weiß, wie man gesellschaftliche Schieflagen ins Schrille
       hyperventiliert. Etwas schade ist es daher, dass dem Film am satirisch
       zugespitzten Ekel am Ende sichtlich die Puste ausgeht. Beim Showdown im
       Brackwasser verliert „El Bar“ seinen subversiven Gehalt spürbar. Er
       verkommt zur bloßen Genre-Fingerübung. Thomas Groh
       
       17 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Groh
       
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