# taz.de -- Gentrifizierung: Die andere Seite Neuköllns
> Wie geht es armen Menschen in dem hippen Kiez? Das war Thema einer
> Diskussion am Donnerstagabend.
IMG Bild: Die Öffnung des Tempelhofer Felds hat zur Aufwertung der angrenzenden Teile Neuköllns beigetragen
Neukölln ist für InvestorInnen schon längst ein lukrativer Bezirk. Wie
sieht es aber mit den einkommensschwachen Menschen in dem Stadtteil aus?
Dieser Frage widmete sich am Donnerstagabend eine Veranstaltung der
Berliner Mietergemeinschaft. Der Titel „… und am Ende wohnungslos?“ machte
schon deutlich, dass Zwangsräumungen durchaus zum Alltag vieler Menschen im
Kiez gehören.
Zu Beginn zeigte die an der Alice-Salomon-Hochschule lehrende
Armutsforscherin Susanne Gerull an Beispielen aus Politik und Medien auf,
wie einkommensarme Menschen abgewertet werden, weil sie der Gesellschaft
angeblich nicht nützten. Die Bild-Zeitung wurde ebenso erwähnt wie der
ehemalige Wirtschaftsminister und Hartz-IV-Architekt Wolfgang Clement
(früher SPD).
Der Neuköllner Stadtteilaktivist Thilo Broschell berichtete dann, wie diese
Abwertung konkret auch im Stadtteil umgesetzt werde. So seien auf
Veranlassung des Quartiersmanagements Schillerkiez Bänke und Tische
abgebaut worden, sagte Broschell. Dort hätten sich einkommensschwache
Menschen niedergelassen, die sich einen Restaurantbesuch nicht leisten
könnten.
Die Sozialwissenschaftlerin Nora Freitag erzählte von ihrer Arbeit als
Leiterin der mobilen Erwerbslosenberatung „Irren ist amtlich“ des Berliner
Arbeitslosenzentrums. Die Beratung wird derzeit temporär vom Senat
finanziert. Das Thema Wohnen sei das Hauptproblem der Menschen, die Rat
suchten, betonte Freitag. Dabei gehe es häufig um die Übernahme von
Wohnkosten. Anträge auf ein Darlehen, um bei Mietschulden einen
Wohnungsverlust zu vermeiden, würden teilweise so spät bearbeitet, dass die
Betroffenen eine Kündigung erhielten, berichtete Freitag. Dann lehne das
Amt den Antrag mit dem Argument ab, dass jetzt die Wohnung nicht mehr
gesichert sei.
Betroffene bestätigten, dass sie sich im Jobcenter öfters diskriminiert
fühlten. Andere BesucherInnen informierten über die Aktion „Niemand muss
allein zum Amt“. Dabei nehmen Betroffene Personen ihres Vertrauens mit zu
den Jobcenterterminen, um der Behörde nicht hilflos ausgeliefert zu sein.
Der Stadtteilladen Lunte etwa bietet mit seinen Erwerbslosenfrühstücken
diese Form der Unterstützung an.
17 Feb 2017
## AUTOREN
DIR Peter Nowak
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