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       # taz.de -- Reformpläne der Trump-Regierung: Konflikt um Konfliktmineralien
       
       > Präsident Trump will die US-Gesetzgebung gegen „Blutmineralien“ aus dem
       > Kongo kippen. Sie scheint tatsächlich nicht zu funktionieren.
       
   IMG Bild: Statt US-Firmen kaufen mittlerweile Händler aus Asien die Minerale aus Kongo: Arbeiter in einer Goldmine (Archvibild)
       
       Berlin taz | Die US-Gesetzgebung gegen den Handel mit „Konfliktmineralien“
       aus der Demokratischen Republik Kongo steht vor dem Aus. Im Zuge der
       Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, das Dodd-Frank-Gesetz zur
       Bankenreform zu renovieren, steht auch der Konfliktmineralien-Artikel 1502
       dieses Gesetzes auf dem Prüfstand.
       
       Artikel 1502 verpflichtet an der US-Börse notierte Unternehmen, der
       Börsenaufsicht mitzuteilen, ob sie das Tantalerz Coltan, das Zinnerz
       Kassiterit, Wolframit oder Gold aus dem Kongo verwenden. Wenn ja, müssen
       sie prüfen, ob die Rohstoffe „direkt oder indirekt bewaffnete Gruppen“
       finanzieren.
       
       Sie sind dann als „konfliktfrei“ oder „nicht konfliktfrei“ zu bezeichnen.
       Internationale Zertifizierungsprogramme überwachen dies. Die Regeln waren
       weltweit Vorbild für ähnliche Initiativen, unter anderem für die
       EU-Richtlinie zu Konfliktmineralien.
       
       Am 31. Januar ordnete Michael Piwowar, Leiter der US-Börsenaufsicht (SEC),
       eine Überprüfung an, ob Artikel 1502 „noch angemessen“ sei. „Die
       Nachweispflicht hat einen faktischen Boykott von Mineralien aus Teilen
       Afrikas herbeigeführt“, erklärte er zur Begründung. „Legitime
       Bergbauakteure sind zur Regeleinhaltung so hohen Kosten ausgesetzt, dass
       sie in den Ruin getrieben werden. Es ist auch nicht klar, ob die Regel
       überhaupt die Macht und Kontrolle bewaffneter Banden verringert oder das
       Leid unschuldiger Männer, Frauen und Kinder im Kongo gelindert hat.“
       
       Ein vor zwei Wochen geleakter Entwurf eines Präsidialdekrets von Donald
       Trump setzt Artikel 1502 aus „humanitären“ Gründen für zwei Jahre aus. In
       dieser Zeit sollten die Außen- und Finanzministerien der USA „dem
       Präsidenten einen Plan zum Umgang mit Menschenrechtsverletzungen und der
       Finanzierung bewaffneter Gruppen im Kongo oder in Nachbarländern
       vorschlagen“, heißt es. Überlegt wird, stärker auf einzelne Unternehmen zu
       zielen, die in illegale Aktivitäten verwickelt seien.
       
       Die Idee hinter Artikel 1502 war die Überzeugung von US-Kampagnengruppen,
       dass Warlords im Ostkongo sich durch Mineralienhandel finanzieren und dass
       man ihnen das Wasser abgräbt, wenn man diesen Handel stoppt. Coltan im
       Handy trage zur Vergewaltigung kongolesischer Frauen bei, lautete eine der
       vielen Verkürzungen dieser These.
       
       Manche kongolesischen Organisationen wiesen demgegenüber darauf hin, dass
       es Krieg im Ostkongo auch ohne Mineralien gibt und dass es in einem Land,
       wo staatliche Sicherheitskräfte zu den schlimmsten Gewaltakteuren gehören,
       nicht automatisch die Lage verbessert, den informellen Bergbau unter
       staatliche Aufsicht zu stellen.
       
       Seit Inkrafttreten des Artikels 1502 am 31. Mai 2014 ist die Produktion der
       betroffenen Mineralien im Kongo eingebrochen. Die Förderung des Tantalerzes
       Coltan, ein wichtiger Bestandteil jedes Handys, sank nach amtlichen Angaben
       von 1.324 Tonnen im Jahr 2014 auf 869 im Jahr 2016. Es ist nicht klar, ob
       es jetzt einfach mehr undeklarierte Förderung gibt – aber das hieße auch
       nur, dass Dodd-Frank leicht zu umgehen ist.
       
       Zwar gibt es jetzt in der Bürgerkriegsprovinz Nord-Kivu viel mehr
       „konfliktfreie“ Minen als früher – aber sie finden schwerer auf den Markt.
       Viele Firmen kaufen lieber gar nichts mehr aus dem Kongo. Die wichtigsten
       Abnehmer sind jetzt Händler aus Asien, die sich an keine US-Gesetze halten.
       
       ## Kosten werden auf die Schürfer abgewälzt
       
       Die Kosten der Einhaltung von Artikel 1502 – von der US-Börsenaufsicht auf
       3 bis 4 Milliarden US-Dollar Startkosten und danach 200 Millionen jährlich
       geschätzt – wälzen Ankäufer zu vier Fünfteln auf ihre kongolesischen
       Lieferanten ab, moniert Kongos Unternehmerverband FEC. Die Lieferanten
       wälzen das wiederum auf die Schürfer ab, die das Erz unter Lebensgefahr aus
       dem Boden holen.
       
       Der NGO-Nachrichtendienst Irin untersuchte kürzlich die kongolesische Firma
       MMR, die das Exportmonopol für „konfliktfreies“ Coltan aus den
       Heimatgebieten von Kongos Präsident Joseph Kabila in der Provinz Tanganyika
       hält. In der MMR-Coltanmine Kisengo müssen die Bergleute einer vom Bruder
       des Bergbauministers gegründeten Kooperative angehören.
       
       Weil niemand außer MMR das begehrte „Konfliktfrei“-Zertifikat hält, kann
       MMR die Preise drücken und der Staat kann mit Gewalt Konkurrenz ausmerzen.
       Die Schürfer erhalten 20 US-Dollar pro Kilo Coltan – weniger als halb so
       viel wie vor zehn Jahren. Die Kindersterblichkeit in Kisengo habe sich mehr
       als verdoppelt.
       
       24 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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