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       # taz.de -- Zentral- Elternbeirat kritisiert Bildungspolitik: Unterricht unterfinanziert
       
       > Schule: Die Finanzplanung für 2018/2019 reicht nicht für notwendige
       > zusätzliche Klassen, Inklusion und Ganztagsausbau.
       
   IMG Bild: Aus Sicht der Eltern leicht auszurechnen: Die Finanzplanung für Bremens Schulen reicht nicht
       
       BREMEN taz | Klappern gehört zum Handwerk. Und so hat der
       Zentralelternbeirat (ZEB) den Beschluss des Senats über die
       Haushaltseckwerte 2018/2019 mit einem kräftigen Kommentar versehen: „Mit
       Entsetzen“ haben die Elternvertreter zur Kenntnis genommen, dass der
       Bildungsetat nur um neun Millionen Euro pro Jahr angehoben werden soll.
       „Das ist noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein“, heißt es in
       dem Offenen Brief des ZEB, „wieder einmal wird die Chance vertan, Bildung
       in Bremen die notwendige Priorität einzuräumen“. Wobei es, wenn man den
       Brief weiter liest, eigentlich zunächst nur um das Allernötigste geht.
       
       Adressiert ist das Schreiben an Senatspräsident Carsten Sieling (SPD) und
       Bürgermeisterin Karoline Linnert (Grüne). Nimmt der Elternvertreter die
       Bildungssenatorin nicht ernst? Keineswegs, sagt Elternsprecherin Andrea
       Spude, man wolle Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) „unterstützen in
       ihrem Kampf“, denn die könne ja nur in dem beschlossenen Finanzrahmen
       handeln.
       
       Der ZEB gehe davon aus, so Spude, „dass sie angemeldet hat, was sie
       braucht.“ Sie könne sich aber damit „offenbar nicht durchsetzen“. Das
       Problem ist heikel – seitdem Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper nach
       einem verlorenen Konflikt um Geld-Forderungen im Senat zurückgetreten war,
       sind ihre NachfolgerInnen vorsichtig mit ihren Ansprüchen geworden. Die
       Sprecherin von Bogedan will so den Brief des ZEB überhaupt nicht
       kommentieren – Begründung: der sei ja an die Bürgermeister gerichtet.
       Gestern in einer aktuellen Bildungsdebatte in der Bürgerschaft wich Bogedan
       dem Thema der finanziellen Ausstattung des Bildungsbereichs aus und mahnte
       auch keine konkreten Initiativen an, die Geld kosten würden: Eine Kämpferin
       ist sie offenbar nicht.
       
       „Steigende Geburtenzahlen, Zuwanderung und vermehrte Ausweisung von
       Wohngebieten führen zu steigenden Schülerzahlen“, teilen die
       Elternvertreter dem Senat mit. Allein die Zahl der GrundschülerInnen sei
       innerhalb der letzten vier Jahre um zehn Prozent gestiegen: „Dieses
       Wachstum wird sich in den nächsten Jahren über alle Jahrgangsstufen
       fortsetzen.“
       
       Dazu kommen 3.000 Flüchtlings-Kinder aus den Deutsch-Vorkursen, die in
       Regelklassen untergebracht werden müssen. „Wir fordern vor
       Haushaltsaufstellung eine transparente, klar durchdachte und -finanzierte
       Schulstandortplanung, die den steigenden Schülerzahlen gerecht wird.“
       
       Elternsprecherin Spude verweist auf ihre schlechten Erfahrungen: Fürs
       kommende Schuljahr müssen 36 weitere Klassenverbände eingerichtet werden,
       hatte die Bildungssenatorin aufgerechnet. Aber die Finanzsenatorin wollte
       das nicht anerkennen. Nach wochenlangem Tauziehen musste im Januar eine
       Sondersitzung der Bildungsdeputation stattfinden, um diese zusätzlichen
       Klassen zu bewilligen.
       
       Dass es derzeit schwierig ist, LehrerInnen zu finden, wissen zudem alle,
       die mit Schule zu tun haben. Inzwischen ist es üblich StudentInnen nach dem
       Bachelor-Examen in den Schulen als Aushilfskräfte einzusetzen. Linnert habe
       „das Problem nicht im Ansatz erkannt“, attestiert der ZEB der
       Finanzsenatorin: Die Schulkinder könnten nicht bis 2020 warten.
       
       „Wir haben es satt, zu hören, dass wir auf einem guten Weg sind“, erklärt
       der ZEB – das sei die Standard-Formel der Bildungssenatorin. Der
       bildungspolitische Sprecher der Grünen, Matthias Güldner, verwies auf
       Nachfrage darauf, dass auch in den vergangenen Jahren die Eckwerte des
       Senats für die Bildung im Parlament nach oben korrigiert wurden. In der
       Bürgerschaft wird der Haushalt 2018/19 erst im Herbst beraten. Um aber auf
       Hamburger oder Berliner Niveau zu kommen, müssten eher 90 Millionen als 9
       dazu kommen. Bogedan tröstete sich im Parlament mit dem Hinweis, dass die
       Bremer Ausgaben auf dem Niveau der Flächenländer lägen.
       
       Während der finanzpolitische Sprecher der CDU, Jens Eckhoff, die Eckwerte
       als zu hoch angesetzt kritisierte, hat der Bildungspolitiker Thomas vom
       Bruch großes Verständnis für die Elternvertreter: Zum Schulanfang 2016/17
       hätten 80 Lehrer gefehlt, erinnert er, im kommenden August werde es
       möglicherweise noch schlimmer. Sowohl die Integration als auch die Qualität
       des Ganztags-Ausbaus litten darunter, dass es an den benötigten
       Lehrerstellen mangele.
       
       Dabei ist die Diskussion um das Ende des „G8“-Experiments in Bremen noch
       nicht angekommen. Nicht nur in Niedersachsen, auch in Bayern wird es das
       Abitur in Zukunft nur noch nach 13 Jahren geben. In Nordrhein-Westfalen
       läuft ein entsprechendes Bürgerbegehren. Diese Reform hatte die Lehrer für
       einen kompletten Oberstufen-Jahrgang gespart.
       
       Bremerhaven scheint solche Finanzprobleme im Bildungsbereich nicht zu
       haben. Gerade meldeten die schulpolitischen Sprecher von SPD und CDU, dass
       die gesamten Personalkosten von 1,5 Millionen Euro für die Ganztagsschule
       vom Land Bremen übernommen werden und dazu bekam der Schulhaushalt 710.000
       Euro für Investitionen und den laufenden Schuletat des Jahres 2017. Das
       Geld kommt aus Rücklagen, die der Magistrat über Jahre aus Haushaltsresten
       bilden konnte.
       
       8 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Wolschner
       
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