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       # taz.de -- Finanzpolitik in der EU: Die Inflation lässt die EZB kalt
       
       > Die Preissteigerungsrate zog zuletzt im Euroraum an. Doch die Europäische
       > Zentralbank bleibt bei einem Leitzins von null.
       
   IMG Bild: Der Leitzins bleibt bei Null, die EZB steckt irgendwo in den Wolken
       
       Berlin taz | Die Ära des billigen Geld ist noch nicht vorbei, auch wenn die
       Inflationsrate zuletzt anzog. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf
       ihrer Sitzung am Donnerstag den Leitzins unverändert auf dem niedrigem
       Niveau von 0,00 Prozent belassen. Banken müssen sogar einen Strafzins von
       0,40 Prozent bezahlen, wenn sie Geld bei der Zentralbank parken. Die
       Zentralbank kündigte darüber hinaus an, „dass die EZB-Leitzinsen für
       längere Zeit auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben
       werden“.
       
       Mit diesen Maßnahmen will die Zentralbank die Konjunktur und die Inflation
       im Euroraum ankurbeln. Insbesondere in Deutschland hatte sich daran Kritik
       entzündet, weil die Niedrigzinspolitik die Erträge von Sparern schmälert
       sowie den Banken und Sparkassen zu schaffen macht. Zudem befördert das
       Geld, das die EZB zur Stützung kriselnder Eurostaaten in die Märkte pumpt,
       das Entstehen einer Immobilienblase, in deren Folge die Hauspreise und
       Mieten in Ballungszentren und Uni-städten rasant steigen. Zwar profitieren
       etwa Häuslebauer von niedrigen Zinsen für Bankkredite; hohe Grundstücks-
       und Baupreise machen diesen Vorteil aber wieder zunichte.
       
       Obwohl im Februar die Preise im Euroraum um 2,0 Prozent gestiegen waren –
       die EZB hält eine Inflationsrate von knapp 2 Prozent für optimal –, will
       die Zentralbank an ihrer Geldpolitik festhalten. Es sei noch immer ein sehr
       wesentlicher geldpolitischer Impuls der Notenbank nötig, sagte
       EZB-Präsident Mario Draghi. Auch in den kommenden Monaten werde die
       Preissteigerungsrate bei 2 Prozent liegen. Zwar legten Stimmungsbarometer
       nahe, dass die wirtschaftliche Erholung der Eurozone an Schwung gewinne.
       Weil Reformen jedoch schleppend vorankämen, werde der Aufschwung gebremst.
       
       Dass die EZB ihre Geldpolitik nicht strafft, liegt auch an der sogenannten
       Kerninflationsrate. Werden die Preise für Energie und Nahrungsmittel – also
       die Dinge, auf die Verbraucher nicht verzichten können – ausgeklammert,
       ergibt sich eine Inflation von zuletzt nur 0,9 Prozent. Das ist der EZB zu
       wenig. Insbesondere bei den Löhnen sei bislang kein signifikantes Zeichen
       für einen Preisauftrieb zu erkennen gewesen, so Draghi. „Die Durststrecke
       für Sparer und Altersvorsorge wird noch länger andauern“, kritisierte der
       Bundesverband Öffentlicher Banken die EZB-Entscheidungen.
       
       Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater glaubt, dass die Zinsen nur langsam
       steigen: „Bis der Zinsanstieg das Sparbuch erreicht, werden wohl noch zwei
       oder drei Jahre vergehen.“ Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest,
       meinte: „Die EZB sollte ihre Geldflut eindämmen, sonst besteht die Gefahr,
       dass sie über ihr Ziel hinausschießt.“
       
       9 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Richard Rother
       
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