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       # taz.de -- Debatte Frauenhosen ohne Taschen: Gleichberechtigung in der Hose
       
       > Warum haben Hosen für Frauen keine oder kleine Taschen? Wer die
       > Hosentaschenlobby stärkt, zerschlägt das Handtaschenkartell.
       
   IMG Bild: Was soll hier bitte reinpassen?
       
       Man kann es sich einfach machen und dem Internetorakel [1][gutefrage.net]
       vertrauen. Demnach sind Hosentaschen für Frauen nur deswegen kleiner als
       bei Männern, weil deren Hände nicht so groß sind. Eine Erzählweise, die
       ablenkt und dem Handtaschenkartell gefallen würde. Tatsächlich ist der
       Sachverhalt komplexer, krimineller. Hinter jeder Hosentasche einer Frau
       steht ein Handtaschenhersteller, der gerissen die Fäden zieht.
       
       Es geht um Macht, um Geld, um Einfluss. Und einen bis in die letzte Faser
       kapitalistischen Geheimbund, der es über die Jahre geschafft hat, enormen
       Einfluss auf etwa die Hälfte der Gesellschaft zu entwickeln. Opfer ist die
       Frau.
       
       Mafiöse Strukturen üben ständig Druck auf die Hosentaschenlobby aus. Ja,
       diese Lobby gibt es wirklich, nur ist sie schlecht organisiert. Frauen
       aller Länder, vereinigt euch! Sprechen Sie mal eine x-beliebige Frau auf
       ihre Hosentaschen an. Nach einem kurzen, verständlichen Moment der
       Verwirrung werden Sie schnell feststellen, dass ihr das Problem vertraut
       ist und sie in Rage bringt.
       
       „Put some real fucking pockets on my pants“, fordert die amerikanische
       YouTuberin „Hollishillis“. Gebt ihr doch verdammt noch mal endlich echte
       Hosentaschen! Per Definition sind echte Hosentaschen zum Unterbringen von
       Dingen bestimmt, die jemand bei sich tragen möchte. Frauenhosentaschen
       allerdings sind nicht dazu da, diesen Zweck zu erfüllen. Frauenhosentaschen
       sind dafür viel zu klein. Sie taugen höchstens zum Fingernägelaufwärmen.
       
       ## Bitte keine Beulen
       
       Obwohl alle Frauen dieses Platzproblem teilen, gehen nur wenige auf die
       Barrikaden, um für mehr Platz in ihren Hosentaschen zu kämpfen. Das
       Handtaschenkartell legt beruhigt den kleinen Finger in den Mundwinkel und
       lacht sich eins.
       
       Dieses hatte schon vor etwa 150 Jahren damit angefangen, stetig seine Macht
       auszubauen. Sowohl Handtaschenkarteller als auch Hosentaschenlobbyisten
       unterwarfen sich einem gesellschaftlichen Diktat: „Je zierlicher die Frau,
       desto attraktiver.“ Handtaschen entwickelten sich danach indirekt
       proportional zu den Hosentaschen. Je größer die Tasche am Arm, desto
       kleiner die Tasche am Bein. Je größer die Tasche am Arm, desto zierlicher
       erscheint die Frau. Es war nur eine Frage der Zeit, bis erste
       Handtaschenhersteller die Chance witterten und ihre Marktmacht durch Hand-
       und zusätzlich Zu-kleine-Hosentaschen-Verkauf sicherten. Die Hosentasche
       machte sich überflüssig. Sie ließ sich vom Handtaschenkartell abschaffen.
       
       Heute ist die „Skinny Jeans“ eine der meistgetragenen Frauenhosen, die
       Hüfthose ist etabliert. Deren Kreateuren geht es vor allem darum, dass der
       Arsch gut aussieht und die Waden nicht zu krass spannen. Eng ist gut, und
       für Taschen, in die etwas hineinpasst, das die Hüften ausbeult, ist in der
       Hose kein Platz. Die Handtasche übernimmt den Rest: Portemonnaie,
       Schlüsselbund und, wenn nötig, ein umfangreiches Survival-Kit.
       
       Doch es gibt sie, die Frauen, die immer wieder versuchen, das zu ändern.
       Mit Hosen. Mit anderen Hosen. Die Sängerinnen Lady Gaga oder die
       Schauspielerin Selena Gomez tragen sie „highwaisted“, das heißt weit über
       den Hüften, sodass reichlich Platz für fette Hosentaschen ist. Es sind
       Hosen, die nach einer Deklination von Beziehungs- und Verwandtschaftsstatus
       klingen. Sie heißen Mom-, Girlfriend- oder Boyfriend-Jeans. Modemagazine
       schreiben ihnen in den Beipackzettel: „Derartige Jeans lassen das
       Hinterteil breiter und flacher wirken. Sie sollen möglichst unmodisch
       aussehen und verlangen deswegen ordentlich Selbstbewusstsein.“
       
       Selbstbewusstsein, das die Hosentaschenlobby auch gebrauchen kann. Es geht
       nicht darum, einen Geschäftszweig zu zerstören, sondern darum, einen zu
       stärken. Eine starke Hosentaschenlobby bedeutet Freiheit. Die Freiheit der
       Frau, selbst zu wählen, ob sie Wertsachen oder was auch immer in ihre
       Hosentaschen steckt oder in eine Handtasche packt. Es geht um die Befreiung
       aus der Unmündigkeit. Wer künftig eine Handtasche tragen will, soll dies
       tun, aber selbstverschuldet und nicht durch den Einfluss eines unbändigen
       Handtaschenkartells, das sich die Verkäufe durch zu kleine Hosentaschen
       sichert.
       
       19 Mar 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.gutefrage.net/frage/warum-haben-damenhosen-kleine-taschen
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Neukam
       
       ## TAGS
       
   DIR Sexismus
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   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
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