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       # taz.de -- Autonome beantragen Asyl in Venezuela: Aufgetaucht nach Jahrzehnten
       
       > Nach 22 Jahren haben zwei Flüchtige der militanten Gruppe „Das
       > K.O.M.I.T.E.E.“ in Venezuela Asyl beantragt. 1995 scheiterten sie mit
       > einem Anschlag.
       
   IMG Bild: Das ehemalige Abschiebegefängnis in Grünau
       
       BERLIN taz | 22 Jahre waren sie flüchtig, nun sind sie in Venezuela wieder
       aufgetaucht. Wie jetzt bekannt wurde, haben zwei mutmaßliche Mitglieder der
       militanten Gruppe „Das K.O.M.I.T.E.E.“ am 8. März in dem südamerikanischen
       Land einen Antrag auf Asyl gestellt. „Damit haben wir zum ersten Mal seit
       22 Jahren in der Illegalität so was wie einen legalen Status“, schreiben
       Thomas Walter und Peter Krauth in einem Brief, der auf [1][der Webseite
       einer Solidaritätsgruppe] veröffentlicht wurde.
       
       Gemeinsam mit dem ebenfalls abgetauchten Bernhard Heidbreder sollen sie am
       11. April 1995 versucht haben, das im Bau befindliche Abschiebegefängnis in
       Berlin-Grünau in die Luft zu sprengen. Die Aktion sollte sich gegen die
       restriktive deutsche Flüchtlingspolitik richten. Sie ging jedoch schief.
       Die Gruppe wurde von der Polizei überrascht und musste fliehen. Die drei
       Männer aus der autonomen Szene tauchten ab, das K.O.M.I.T.E.E. löste sich
       wenige Monate später auf.
       
       Bereits im Juli 2014 nahmen venezolanische Polizisten Heidbreder aufgrund
       eines internationalen Haftbefehls in Caracas fest. Er saß dort zwei Jahre
       in Haft. Das oberste Gericht des Landes lehnte es jedoch ab, den
       55-Jährigen an die deutschen Behörden auszuliefern.
       
       Seit acht Monaten ist Heidbreder wieder auf freiem Fuß und wartet auf die
       Entscheidung über seinen Asylantrag. „Wir sind jetzt wieder zusammen mit
       unsere Reisekollegen Bernd“, schreiben die beiden aufgetauchten Männer in
       ihrem Brief. Ob die drei nach Deutschland zurückkommen wollen, sei unklar,
       erklärt Krauths Anwältin Undine Weyers.
       
       ## Bundesgerichtshof verlängerte Haftbefehle
       
       Im letzten Jahr hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Haftbefehle verlängert.
       Die Vorwürfe wegen eines weiteren Anschlags gegen ein Kreiswehrersatzamt
       sowie wegen der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und
       der „Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages“ waren damals bereits
       verjährt. Den Ermittlern blieb deshalb nur eine Anschuldigung, um die
       Strafverfolgung aufrecht zu erhalten: die Verabredung des Verbrechens nach
       Paragraph 30 des Strafgesetzbuches. Diese verjährt erst nach 40 Jahren.
       
       „Es kann aber nicht sein, dass die Verabredung zu einer Tat länger verfolgt
       wird als die zeitlich spätere Begehung einer Tat“, kritisierte
       Verteidigerin Weyers gegenüber der taz. Mit den anderen Anwältinnen der
       Flüchtigen hatte sie deshalb [2][eine Verfassungsklage eingereicht], die
       jedoch vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt worden ist.
       
       Die Bundesanwaltschaft wollte sich am Montag nicht dazu äußern, ob sie eine
       Auslieferung beantragen werde. Bisher hielten die Karlsruher Ermittler an
       der Strafverfolgung fest. Sollten Walter, Krauth und Heidbreder nach
       Deutschland kommen, müssten sie demnach auch 22 Jahre nach dem
       gescheiterten Anschlag mit einer Haftstrafe rechnen.
       
       Im Oktober letzten Jahres lud die Bundesanwaltschaft eine Person aus dem
       einstigen Umfeld der Männer vor. Da diese sich weigerte auszusagen, drohen
       ihr bis zu sechs Monate Beugehaft. Auch früher waren die Strafverfolger
       immer wieder gegen Freunde der Abgetauchten vorgegangen. Die Schwester
       eines Beschuldigten saß mehrere Wochen in Haft. Auch die taz-Redaktion
       sowie die Wohnungen zweier Redakteure wurden durchsucht.
       
       Eine Solidaritätsgruppe, die sich um die Flüchtigen kümmert, fordert nach
       dem Auftauchen der Flüchtigen die Aufhebung der Haftbefehle und „Freiheit
       für Bernhard, Peter und Thomas“.
       
       20 Mar 2017
       
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