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       # taz.de -- Biodiversität in Deutschland: Sag mir, wo die Blumen sind
       
       > Natur braucht Wege, Arten müssen wandern. Das Bundesamt für Naturschutz
       > fordert Pläne zur „grünen Infrastruktur“.
       
   IMG Bild: Die Buchenwälder auf Rügen: ein Rückgrat grüner Infrastruktur
       
       Berlin taz | Den Bedürfnissen von Pflanzen, Tieren, Böden und Flüssen
       genauso viel Gewicht verleihen wie denen von Autofahrern und Stromkunden –
       das ist das Ziel [1][des „Bundeskonzeptes Grüne Infrastruktur“]. Am
       Mittwoch hat Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz
       (BfN), es in Berlin vorgestellt.
       
       Das Konzept wird getragen von folgender Idee: So wie das Land Autobahnen
       und Schienen durchziehen, damit Menschen sich in ihm bewegen können, so
       benötigt es auch Wege für Gelbbauchunken, Wildkatzen, Küchenschellen oder
       Störe. In isolierten Lebensräumen sind sie von Inzucht bedroht, sie müssen
       mobil sein, um dauerhaft überleben zu können.
       
       „Wir machen erstmals gebündelt sichtbar, welche Flächen im Land unsere
       grüne Infrastruktur bilden“, sagt Jessel. Deren Rückgrat seien etwa
       Nationalparke, Naturschutzgebiete, Flussauen oder ökologisch wertvolles
       Grün in Städten. Es gelte nun, sie zu verbinden.
       
       Dieses Ziel ist nicht neu: Schon 2012 hatte die schwarz-gelbe
       Bundesregierung [2][das Konzept „Wiedervernetzung“] beschlossen, auch das
       Naturschutzgesetz macht den Bundesländern schon seit Langem die Vorgabe,
       wichtige Lebensräume miteinander zu verbinden.
       
       Passiert ist bislang wenig, alle Konzepte und Pläne „weisen große
       Umsetzungsdefizite auf“, kritisiert Jessel. Mit dem neuen Anlauf der
       „grünen Infrastruktur“ nutzt das BfN nicht zufällig Begriffe aus der
       Planung von Verkehrswegen und Energienetzen.
       
       ## Drei notwendige Schritte
       
       „Wir möchten, dass der Bundestag unser Konzept verabschiedet, genauso wie
       den Bundesverkehrswegeplan“, fordert Jessel. Die Belange der Natur könnten
       dann in die Planungen neuer Autobahnen oder den Ausbau von Wasserstraßen
       gleichberechtigt und frühzeitig einfließen. Das Konzept werde nur gelingen,
       wenn es nicht nur im Umweltministerium, sondern auch in „anderen Ressorts“
       und den Ländern Resonanz finde.
       
       Angesprochen sind hier vor allem das Verkehrs- und das
       Landwirtschaftsministerium, denen Naturschutz in der Regel als Störfaktor
       gilt. Das Konzept sei „ein großer Schritt“, sagt Magnus Wessel, Leiter
       Naturschutzpolitik und -koordination beim Bund für Umwelt und Naturschutz,
       „das BfN hat vor der Bundestagswahl alle fachlichen Voraussetzungen
       geschaffen, um die Zerschneidung der Landschaft zu beenden“.
       
       Damit die „grüne Infrastruktur“ tatsächlich ausgebaut werde, seien drei
       Schritte notwendig, so Wessel: Es dürften keine öffentlichen Flächen mehr
       verkauft werden. Die Länder müssten definieren, wie sie ihre Biotope
       verbinden wollen, und drittens müsse der Bundestag das Konzept zügig
       verabschieden.
       
       Auch eine seltene Allianz aus Naturschutzbund (Nabu), Worldwide Fund for
       Nature (WWF), Deutschem Jagdverband und Allgemeinem Automobilclub (ADAC)
       unterstützt das Konzept. „Lebensgemeinschaften können sich an den
       fortschreitenden Landschafts- und Klimawandel nur anpassen, wenn Arten sich
       über weite Strecken ausbreiten können“, heißt es in einem gemeinsamen
       Papier. Jäger und Autoclub sind mit von der Partie, weil „grüne Brücken“
       für Wildtiere über Schnellstraßen Wildunfälle vermeiden.
       
       22 Mar 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bmub.bund.de/themen/natur-biologische-vielfalt-arten/naturschutz-biologische-vielfalt/allgemeines-strategien/bundeskonzept-gruene-infrastruktur/
   DIR [2] https://www.bfn.de/0306_zerschneidung.html
       
       ## AUTOREN
       
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