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       # taz.de -- Minijobs und Mindestlohn: Bald ein echter Job?
       
       > Der Mindestlohn wirkt auch bei Minijobs. Arbeitnehmer nehmen vermehrt
       > ihre Rechte in Anspruch. Aber Defizite bleiben bestehen.
       
   IMG Bild: Zapfen für den Mindestlohn. Der erreicht aber noch nicht jeden
       
       Berlin taz |Wer einen Minijob in der Gastronomie hatte, musste lange auf
       genug Trinkgeld hoffen. Doch auch hier gilt der Mindestlohn. Laut einer
       Studie von 2012 war die Situation für Minijobber „teilweise erschreckend“,
       wie NRW-Arbeitsminister Rainer Schmeltzer festhält. Er stellte am
       Donnerstag in Berlin die Nachfolgestudie vor und attestiert: „Es hat sich
       seit 2012 einiges getan, aber es ist noch längst nicht alles gut!“
       
       Jeder zweite der 1,7 Millionen Minijobber in Nordrhein-Westfalen verdiente
       2012 noch weniger als 8,50 Euro. 2016 traf das laut RWI-Leibniz-Institut
       nur noch auf 14,6 Prozent der geringfügig Beschäftigten zu. Bei 12 Prozent
       der Fälle lägen klare Gesetzesverstöße vor, so Schmeltzer, besonders im
       Handel und im Gastgewerbe. „Diese Branchen müssen stärker kontrolliert
       werden,“ sagt Schmeltzer.
       
       Das sei auch für die Arbeitnehmerrechte wichtig. 29 Prozent der Minijobber
       haben 2016 eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in Anspruch genommen. Die
       Zahl habe sich im Vergleich zu 2012 fast verdreifacht. Auch habe
       mittlerweile jeder zweite seinen Anspruch auf bezahlten Urlaub genutzt.
       2012 war das nur jeder Fünfte.
       
       Insgesamt wurden in der repräsentativen Studie 25.000 Arbeitnehmer und
       10.000 Arbeitgeber aus Nordrhein-Westfalen befragt. Die Erkenntnisse seien
       auf Deutschland übertragbar, da von den fast sieben Millionen Minijobbern
       in Deutschland ein großer Teil in NRW arbeite, meint der Leiter der Studie,
       Ronald Bachmann. Allerdings müsse man die Unterschiede zwischen Ost- und
       Westdeutschland beachten.
       
       Besonders häufig sind demnach Frauen geringfügig beschäftigt. Ihr Anteil
       hat sich von 59 Prozent sogar auf 63 Prozent erhöht. Das liege daran, dass
       Frauen in Minijobs häufig einen Partner hätten, der Vollzeit beschäftigt
       sei, so Bachmann. Männer übten Minijobs häufiger als Nebenerwerb aus und
       gingen noch einer Hauptbeschäftigung nach.
       
       Die Studie zeigt: Arbeitnehmer nehmen häufig einen Minijob an, weil diese
       eine Chance auf Extraverdienste bieten. Die bessere Vereinbarkeit von
       Familie und Beruf ist kein großer Anreiz mehr für einen Minijob.
       Arbeitgeber konnten durch Minijobs massiv Personalkosten einsparen. Das sei
       aber mit der Einführung des Mindestlohns weggefallen. Nun sei ihnen
       wichtiger, durch die flexiblen Arbeitszeiten Auftragsspitzen zügig
       abarbeiten zu können, so Bachmann.
       
       Schmeltzer sieht die anstehenden Probleme vor allem in der Unwissenheit der
       Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Im Rahmen einer Landesinitiative leiste man
       Aufklärungsarbeit. Durch Modellprojekte in Zusammenarbeit mit den
       Jobcentern habe man bereits 3.500 Minijobs in sozialversicherungspflichtige
       Beschäftigungen umwandeln können. Arbeitnehmer, die eine Beratung in
       Anspruch nehmen, hätten deutlich höhere Leistungen erhalten. Das bedinge
       sich aber gegenseitig, so Bachmann, denn Arbeitnehmer, die ihre Rechte
       einforderten, würden auch häufiger Beratung in Anspruch nehmen.
       
       Schmeltzer will Minijobs aber nicht abschaffen, da dieses Modell von
       Arbeitnehmern und Arbeitgebern sehr geschätzt werde. Minijobber seien
       Teilzeitbeschäftigte und nicht etwa „Arbeitnehmer zweiter Klasse“. Sie
       hätten dieselben Rechte, wie alle anderen Beschäftigten auch.
       
       23 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Kürbel
       
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