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       # taz.de -- Rechtspopulist politisch isoliert: Seltsam flügellahm
       
       > Geert Wilders, Chef der rechten Freiheitspartei, hat gute Chancen bei der
       > Parlamentswahl. Aber niemand will mit ihm koalieren.
       
   IMG Bild: Geert Wilders will nach rechts
       
       Amsterdam taz | Es war ein ungleiches Kräftemessen: Zum ersten Mal in
       diesem Wahlkampf trafen Premierminister Mark Rutte und sein scharfer Rivale
       Geert Wilders am Montag bei einem TV-Duell aufeinander. Bis dahin hatte
       Wilders es immer wieder abgelehnt, sich an solchen Debatten zu beteiligen –
       und der Regierungschef genießt derzeit nicht nur breite Unterstützung für
       sein Auftreten in der Türkeikrise. Er hat – nach einem wahrscheinlichen
       Wahlsieg seiner rechtsliberalen Partei VVD – alle Möglichkeiten einer
       Koalition.
       
       Für Wilders hingegen, der seine politische Karriere in der Partei des
       Premiers vor über zwanzig Jahren begann, wäre Rutte der letzte mögliche
       Koalitionspartner gewesen, da alle anderen relevanten Parteien eine
       Zusammenarbeit mit seiner rechtspopulistischen Freiheitspartei PVV von
       vornherein ausgeschlossen hatten.
       
       Kurz vor der Wahl am Mittwoch erklärte Rutte nun, er sei ebenfalls nicht zu
       einer Koalition mit Wilders bereit. Der reagierte mit einer Tirade und warf
       dem Premier den Ausverkauf des Landes vor. Die Wähler sollten ihn
       davonjagen, schimpfte Wilders.
       
       ## Politisch isoliert
       
       Die Ausgangslage ist damit klar: Der 53-jährige Geert Wilders, der die
       politische Agenda der Niederlande mit seiner Ablehnung von Muslimen und
       Einwanderern seit Jahren entscheidend mitgeprägt hat, ist politisch
       isoliert. Was allerdings nicht bedeutet, dass er aus dieser Lage nicht
       zurückkommen und bei den Wahlen dennoch sehr erfolgreich sein kann.
       
       Doch wirkt Wilders, der zum Jahreswechsel noch vollmundig getönt hatte, das
       Land „aufzuräumen“, seltsam flügellahm, seit klar ist, dass seine Partei
       keine Chance auf eine Regierungsbeteiligung hat.
       
       Seine Hoffnung könnte sich nun auf externe Einflüsse richten: einen
       Brexiteffekt etwa, der die Dinge noch zu seinen Gunsten drehen könnte.
       Ohnehin sieht der PVV-Chef seine Verbündeten im Kampf gegen Islam,
       multikulturelle Gesellschaft und „Brüssel“ eher im Ausland. In der sich
       immer mehr vernetzenden internationalen populistischen Bewegung ist er seit
       jeher einer der entscheidenden Akteure.
       
       ## Leben im mobilen Hochsicherheitstrakt
       
       Dass man dort just auf eine länderübergreifende Dynamik setzt, wurde erst
       im Januar auf dem Treffen von Europe of Nations and Freedom (ENF) in
       Koblenz deutlich. Wilders, damals in Umfragen weit vorne, kündigte dort die
       „Befreiung“ der Niederlande als Auftakt für die Wahlen in Frankreich und
       Deutschland an. Bei dieser Wahl am 15. März muss Wilders liefern, um dieses
       Momentum nicht zu verlieren.
       
       In gewisser Weise spiegelt die politische Isolation des PVV-Chefs seine
       persönliche Situation wider: Seit 13 Jahren nun wird der Jurist Wilders
       rund um die Uhr bewacht. Er schläft in wechselnden und geheimgehaltenen
       Häusern und hat alles, was man ein Privatleben nennen könnte, eingebüßt.
       „Manchmal will ich mich einfach nur tief unter den Decken verkriechen“,
       räumte er vor einigen Jahren einmal in einem Interview ein. Dass das Leben
       in einem mobilen Hochsicherheitstrakt seine Positionen radikalisiert, ist
       kaum überraschend.
       
       Zuletzt zeigt sich das Merkmal Isolation auch innerhalb der Partei. Diese
       führe er auf überaus strenge und autoritäre Weise, berichten ehemalige
       Mitstreiter. Aus Angst vor Kontrollverlust lässt Wilders keine anderen
       Mitglieder zu – er ist das einzige Mitglied. Alle Abgeordneten, die für
       seine Partei ins Parlament streben, sind offiziell unabhängig. Für einen
       Volkstribun, als der er sich so gerne gibt, ist Geert Wilders also ziemlich
       einsam.
       
       15 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Müller
       
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