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       # taz.de -- Eigentum verplichtet: Unschuldige bald ohne Wasser
       
       > Weil die Vermieter kein Geld an die Stadtwerke überweisen, will die Stadt
       > Delmenhorst zwei voll besetzten Wohnblöcken Wasser und Gas abdrehen
       
   IMG Bild: Hier wurde schon lange nichts mehr getan: Wohnungen im Wollepark
       
       Dass die Eigentümergemeinschaft hier schon lange nichts mehr getan hat, ist
       im Delmenhorster Wollepark offensichtlich: der Fahrstuhl? So kaputt wie die
       Klingeln im Wohnhaus. Auch das Treppenhaus ist alles andere als einladend.
       Boden und Wände sind verschmutzt, viele Briefkastenklappen fehlen. Vor den
       Hauseingängen liegen Müll und kaputte Möbelstücke.
       
       Ab Montag werden sich die katastrophalen Zustände für die BewohnerInnen der
       Blöcke 11 und 12 im Wollepark noch einmal verschlimmern: Die Stadtwerke
       wollen erst das Wasser und zwei Wochen später das Gas abschalten. Unter
       diesen drastischen Maßnahmen werden nun unschuldige MieterInnen leiden. Die
       Eigentümergemeinschaft hat über Jahre zwar deren Geld kassiert, es aber
       nicht an die Stadtwerke weiterüberwiesen. Der Schuldenberg beträgt
       mittlerweile rund 200.000 Euro, der Stadt reicht es nun.
       
       „Was sollen wir denn jetzt machen?“, fragt eine der Bewohnerinnen. Sie lebt
       mit ihrem Mann und zwei Kindern in einer der Wohnungen. Sie wolle zwar weg
       aus dem Wollepark, finde aber keine neue Wohnung. „Keiner hilft uns und der
       Vermieter nutzt aus, dass unser Deutsch nicht gut ist“, so die Frau, die
       seit mehr als vier Jahren in dem Sozialbauviertel lebt.
       
       Der Wollepark, der Anfang der 1970er-Jahre als sozialer Wohnungsbau
       entstand, gilt als sozialer Brennpunkt Delmenhorsts. Viele Arbeitslose und
       finanzschwache OsteuropäerInnen würden dort leben, so Franz-Josef Franke
       vom Diakonischen Werk Delmenhorst.
       
       Etwa 350 Personen, darunter rund 80 Kinder seien in den heruntergekommenen
       Wohnhäusern gemeldet. Die Diakonie gehe aber von deutlich mehr
       BewohnerInnen aus. Der Grund: Viele Familienmitglieder fänden hier
       Unterschlupf, ohne gemeldet zu sein.
       
       ## Viele der BewohnerInnen sind gar nicht gemeldet
       
       Die Diakonie betreibt ein Nachbarschaftszentrum am Wollepark, dessen
       Sozialberatung viele BewohnerInnen in Anspruch nehmen. So auch am Montag,
       als einige MieterInnen den MitarbeiterInnen vor Ort Briefe vom Jobcenter
       zeigten. „Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass in absehbarer Zeit
       abgeschaltet werde und zu einem Umzug geraten“, sagt Franke.
       
       Viele der BewohnerInnen wüssten aber bisher noch nichts von den Plänen der
       Stadt. Deswegen stehe die Diakonie seit Mittwoch mit drei Infopavillons vor
       den Hochhäusern, um die MieterInnen aufzuklären.
       
       Gemeinsam mit dem Integrationslotsenteam Delmenhorst, das dolmetscht, berät
       das Diakonische Werk die Menschen über ihre Möglichkeiten. „Die meisten
       BewohnerInnen werden in der kurzen Zeit keine neue Wohnung finden“, sagt
       Franke. Zudem sei der Ruf der Wohnanlage sehr schlecht, sodass
       VermieterInnen häufig nicht an Menschen aus dem Wollepark vermieten
       wollten. Franke rät den BewohnerInnen zu hundertprozentigen
       Mietminderungen. Musterbriefe seien bereits vorbereitet, auch das
       Verschicken übernehme die Diakonie.
       
       „Wenn die MieterInnen nicht mehr zahlen, reagiert die
       Eigentümergemeinschaft hoffentlich endlich“, so der Geschäftsführer des
       Diakonischen Werks Oldenburg. Das Nachbarschaftszentrum bleibt
       geschlossen. Franke: „Wir brauchen unsere Kräfte direkt an den Häusern.“
       
       Schon einmal sollte in den Blöcken mit den Nummern 11 und 12 der Hahn
       zugedreht werden. Bei offenen Rechnungen in der Höhe von 86.000 Euro
       reichte es den Stadtwerken 2015. Damals sprang die Stadt ein und beglich
       die Summe. „Aber dieses Mal zeigen wir klare Kante“, sagte der
       Delmenhorster Oberbürgermeister Axel Jahnz. Die Stadt lasse sich nicht zum
       Spielball krimineller Vermieter machen, die ihre Mieter als Geiseln nähmen.
       
       ## Die Stadt will Wasser in Tankwagen bringen
       
       Ganz allein gelassen werden die BewohnerInnen laut Jahnz jedoch nicht. Vor
       dem Haus solle eine Notversorgung mittels eines Tankwagens oder einem
       Trinkwasserhydranten eingerichtet werden. Die BewohnerInnen müssten sich
       dann ihr Wasser in Eimern holen und viele Stockwerke hinauftragen. Trotzdem
       könnten die Häuser ohne Wasser und Gas vermutlich nach wenigen Tagen
       unbewohnbar werden. Dann sollen die Betroffenen in leer stehenden
       Flüchtlingsunterkünften untergebracht werden.
       
       30 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Vanessa Reiber
       
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