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       # taz.de -- Gedenkort für Burak Bektas: Eine Narbe, die nicht heilt
       
       > Im Süden Neuköllns soll eine Skulptur an Burak Bektaş erinnern. Der
       > Gedenkort mahnt daran, dass der Täter noch immer nicht gefasst ist.
       
   IMG Bild: So soll es mal aussehen: Die Skulptur „Algorithmus für Burak und ähnliche Stelle“ der Künsterlin Zeynep Delibalta am künftigen Tatorts in Berlin-Neukölln.
       
       Aus einem Block wachsen sieben Finger, die sich spiralförmig in den Himmel
       drehen. „Algorithmus für Burak und ähnliche Fälle“ heißt die Skulptur. „Aus
       den Fingern soll Licht in den Himmel strahlen als Zeichen, dass wir ihn
       nicht vergessen“, erklärt die Kreuzberger Künstlerin Zeynep Delibalta. Der
       Begriff Algorithmus – ein systematischer Weg zur Lösung einer Aufgabe – sei
       zudem „ein Zeichen an die Polizei, den Fall endlich aufzuklären“.
       
       Der Fall, das ist er: Am 5. April 2012 wurde der 22-jährige Burak Bektaş in
       Neukölln erschossen, zwei seiner Freunde lebensgefährlich verletzt. Bis
       heute ist der Täter nicht gefasst. Die „Initiative zur Aufklärung des
       Mordes an Burak Bektaş“, die sich kurz nach der Tat gründete, vermutet
       rassistische Motive – Burak und seine Freunde haben einen
       Migrationshintergrund.
       
       Zum fünften Jahrestag des Mordes soll nun am 5. April der Grundstein für
       einen Gedenkort für Burak gelegt werden, auf einem Wiesenstück unweit des
       Tatorts. Landschaftsarchitekten sollen den Burak-Bektaş-Platz mit Büschen,
       Wegen und Sitzgelegenheiten gestalten. Im Zentrum wird die
       Zwei-Meter-Skulptur „Algorithmus für Burak“ aus Bronze stehen.
       
       Die Idee hatte Burak Bektaş’ Mutter, erzählt Runa Torenz von der
       Initiative. „Sie wünscht sich einen Ort für ihre persönliche Trauer, weil
       sie den Friedhof nicht mag.“ Aber sie wünsche sich auch ein öffentliches
       Symbol, damit Burak in der Nachbarschaft nicht vergessen werde.
       
       ## „Es geht um den alltäglichen Rassismus“
       
       Die Initiative hat diesen Ansatz weiterentwickelt: Inzwischen geht es in
       dem Gedenkkonzept nicht nur darum, an den Mord zu erinnern und seine
       Aufklärung zu fordern. Der künftige Burak-Bektaş-Platz soll auch „ein Ort
       des Lernens sein und auf die vielen weiteren unaufgeklärten Morde an
       MigrantInnen verweisen“, so die Gruppe in einem Flyer. „Es geht nicht nur
       um diese einzelne Tat, sondern auch um den alltäglichen Rassismus, dem
       Menschen mit Migrationsgeschichte in Neukölln ausgesetzt sind.“ Die
       Initiative rechnet mit Kosten von rund 55.000 Euro für den Gedenkort, die
       über Spenden und durch Stiftungen hereinkommen sollen. Bislang sind 24.500
       Euro zusammengekommen.
       
       Die lokale Politik steht mehrheitlich hinter dem Anliegen. Die
       Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschloss im Januar, der Initiative das
       Wiesenstück an der Rudower Straße/Ecke Laubsängerweg zur Verfügung zu
       stellen. CDU, FDP und AfD waren allerdings dagegen. „Der Mord wird
       politisch missbraucht“, begründet Gerrit Kringel, CDU-Fraktionsvorsitzender
       in der BVV, die Entscheidung. Obwohl der Fall ungeklärt ist, stelle die
       Initiative die Tat als rassistisch dar und verlange, die Staatsanwaltschaft
       auszutauschen, so Kringel: „Das ist nicht unser Verständnis von
       Demokratie.“
       
       Die Initiative hält dagegen: Der Fall Burak stehe exemplarisch dafür, dass
       die Berliner Polizei aus dem Auffliegen des NSU keine Konsequenzen gezogen
       habe: „Es gab keine ausreichenden Ermittlungen nach rassistischen Motiven –
       oder diese wurden nicht ausreichend in den Akten dokumentiert.“ Zudem wolle
       man mit dem Ort auch Kritik an der Berliner Gedenkpolitik üben, in der
       MigrantInnen bislang wenig repräsentiert seien. „Der Gedenkort ist auch ein
       Symbol für die Anerkennung, dass wir eine Einwanderungsgesellschaft sind“,
       sagt Torenz. „Burak ist ein Teil von uns.“
       
       4 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
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