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       # taz.de -- Stadt siegt gegen Flüchtlingsheimkritiker: Gericht stiftet Frieden
       
       > Erste Flüchtlingsunterkunft im noblen Blankenese kann nach massivem
       > Widerstand gebaut werden – das sieht ein Vergleich vorm
       > Verwaltungsgericht vor.
       
   IMG Bild: Blankenese „Chainsaw Massacre“: Demonstranten sägen symbolisch an einem Baum.
       
       HAMBURG taz | Sie kommt nun doch: Die Flüchtlingsunterkunft Björnsonweg im
       feinen Blankenese kann gebaut werden. In dem Pavillondorf aus Holz sollen
       192 Geflüchtete für sieben Jahre ein Zuhause finden. Das sieht ein
       Vergleich vor dem Verwaltungsgericht vor, womit das skurrile Hin und Her
       mit einem fast einjährigen Rechtsstreit zu Ende geht. „Das Gericht hat
       einen Vergleichsvorschlag vorgelegt, der von den Beteiligten angenommen
       worden ist“, sagt Gerichtssprecherin Anne Groß.
       
       Der Senat zeigt sich erleichtert. „Im Sinne einer gerechteren Verteilung
       über das ganze Stadtgebiet ist es gut, dass nun bald die erste
       Flüchtlingsunterkunft in Blankenese errichtet wird“, freut sich
       Flüchtlingskoordinator Anselm Sprandel.
       
       Ursprünglich wollte der Koordinierungsstab Flüchtlinge die Folgeunterkunft
       auf der Brachfläche im noblen Stadtteil für zehn Jahre betreiben. Dort
       stand bis Ende der 2000er-Jahre schon einmal eine Flüchtlingsunterkunft.
       Den neuen Baubescheid hatte das Bezirksamt Altona im April 2016 erlassen.
       Dagegen erwirkte ein Anwohner vorm Verwaltungsgericht einen Baustopp, weil
       Vorgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung verletzt worden waren.
       
       „Mit dem Kompromiss können wir leben“, sagt Kerstin Graupner, Sprecherin
       des Koordinierungsstabes. Die Dauer von sieben Jahre sei festgeschrieben
       und gelte erst ab jetzt und nicht ab Beginn des Rechtsstreits. Zudem müsse
       das Grundstück nach sieben Jahren nicht wieder in seinen ursprünglichen
       Zustand versetzt werden, sondern könne vom Bezirk Altona – wie gewünscht –
       für Wohnungsbau genutzt werden.
       
       „Ein Wiederaufforsten hätte eine Menge Geld gekostet“, sagt Graupner. Sie
       betont, wie wichtig Folgeunterkünfte für Flüchtlinge seien: „Noch immer
       leben 4.800 Flüchtlinge in den Erstaufnahmen, die schon längst raus sein
       müssten.“ Graupner ist zuversichtlich, dass die Unterkunft von den
       Anwohnern gut angenommen wird und die Integration klappt. „Gerade in den
       betuchten Stadtteilen läuft das wunderbar“, berichtet sie.
       
       Im Konflikt um den Björnsonweg ist zuvor mit harten Bandagen gekämpft
       worden. Da die ersten Pläne zur Renaissance der Unterkunft 2015
       konzeptionell auch die Unterbringung von Obdachlosen zuließen, hagelte es
       Proteste einzelner Anwohner. Das Bezirksamt lenkte ein.
       
       Als im April 2016 dann nach der Baugenehmigung Landschaftsgärtner
       anrückten, um 42 Bäume zu fällen, blockierten Anwohner die Zufahrtsstraßen
       mit rund 20 quer gestellten Pkws. Zuvor hatten sie 200 Bäume mit falschen
       Markierungen versehen, so dass das Bezirksamt die Baumfällarbeiten stoppen
       musste. Parallel dazu erwirkte der Umweltrechtler Rüdiger Nebelsieck für
       einen Anwohner einen Baustopp.
       
       Dies rief wiederum Flüchtlingshelfer auf den Plan: Als Reaktion auf die
       Auto-Blockade rief die „Interventionistische Linke“ zur symbolischen
       Baumfällaktion „Kettensägemassaker“ und zum Widerstand gegen die
       „Blankeneser Pfeffersäcke“ auf. Tage später demonstrierten nach einem
       Aufruf der örtlichen Initiative „Runder Tisch Blankenese“ 1.200 Menschen
       für eine Flüchtlingsunterkunft in dem Elbvorort. Jetzt hat das
       Verwaltungsgericht wohl einen Schlussstrich gezogen.
       
       29 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
       ## TAGS
       
   DIR Unterbringung von Geflüchteten
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   DIR Flüchtlinge
       
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