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       # taz.de -- Steinmeiers Rede nach seiner Vereidigung: Offensiv für die Demokratie kämpfen
       
       > Der neue Bundespräsident fordert von Erdoğan Mäßigung und die Freilassung
       > Deniz Yücels. Er kündigt außerdem an, bei Grundsatzfragen parteiisch zu
       > sein.
       
   IMG Bild: Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede, nachdem er vereidigt wurde
       
       Berlin afp/rtr | Der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den
       türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zur Mäßigung aufgerufen.
       Zugleich forderte er in seiner Rede nach seiner Vereidigung am Mittwoch die
       Freilassung des inhaftierten Journalisten Deniz Yücel. „Beenden Sie die
       unsäglichen Nazi-Vergleiche“, sagte Steinmeier unter dem Beifall der
       Mitglieder von Bundestag und Bundesrat. „Respektieren Sie den Rechtsstaat
       und die Freiheit von Medien und Journalisten. Und geben Sie Deniz Yücel
       frei.“
       
       Die auch gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich gerichteten
       Nazi-Vorwürfe Erdoğans belasten seit Wochen das Verhältnis zwischen Berlin
       und Ankara. Die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Yücel am
       14. Februar verschärfte die Spannungen weiter. Trotz anderslautender
       Zusagen gewährte die Türkei bislang deutschen Diplomaten keinen Zugang zu
       Yücel.
       
       Steinmeier sagte, die Anfechtung der freiheitlichen Demokratie finde nicht
       nur jenseits der europäischen Grenzen statt. „Die Wahrheit ist doch: Eine
       neue Faszination des Autoritären ist tief nach Europa eingedrungen.“ Die
       liberale Demokratie stehe „unter lautem Beschuss von Radikalismus und
       Terrorismus“, sagte der 61-Jährige. „Vom Machthunger der Autokraten, die
       rund um die Welt einer freien Zivilgesellschaft die Luft zum Atmen rauben.“
       
       Steinmeier warnte davor, den Populisten auch in Deutschland noch mehr Raum
       zu geben. Zwar gebe es hierzulande keinen Grund für Alarmismus. Er sage
       aber „mit Blick auf das, was sich da am Horizont auftut“: „Wir müssen über
       die Demokratie nicht nur reden, wir müssen wieder lernen, für sie zu
       streiten.“
       
       „Die Staatsform der Mutigen – das ist die Demokratie“, betonte er. Die
       Stärke von Demokratie liege dabei nicht in ihrem Sendungsbewusstsein,
       sondern in der Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstverbesserung. Nur in
       Demokratien könnten Minderheiten Gehör finden, sagte er. Steinmeier pochte
       auch auf eine faire politische Auseinandersetzung.
       
       „Vor allem will ich, dass wir in Deutschland festhalten am Unterschied von
       Fakt und Lüge. Wer das aufgibt, der rührt am Grundgerüst von Demokratie“,
       mahnte er. Der SPD-Politiker betonte, dass er neutral nur im Sinne von
       Überparteilichkeit sein werde. „Aber neutral darf ich gar nicht sein, wenn
       es um das Grundsätzliche geht. Deshalb sage ich Ihnen: Ich werde parteiisch
       sein – parteiisch für die Sache der Demokratie. Partei ergreifen werde ich
       auch für Europa“, kündigte Steinmeier an.
       
       22 Mar 2017
       
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