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       # taz.de -- Kolumne Right Trash: Ein elitärer Klan
       
       > Interne Materialien bestätigen Mentalität, Finanzwege und Strukturaufbau:
       > Die Identitären sind eine autoritär-hierachische Gruppe.
       
   IMG Bild: Hier macht sich mal wieder ein Identitärer zum „Opfer“
       
       „Wo siehst Du Deine persönlichen Stärken?“ – „Rhetorik oder
       Selbstverteidigung? – „Wie stehen Deine Freunde und Familie zu Deiner
       Einstellung?“ – „Wie ist Deine Positionen zu anderen Organisationen wie
       z.B.: III. Weg, NPD, Die Rechte, AfD“ –„Wo siehst Du dich in 2 Jahren
       innerhalb der Bewegung?“. Die Fragen aus dem Aktivistenfragebogen der
       Identitären Bewegung (IB) legen nahe, dass nicht alle Interessierten gleich
       Aktivisten werden können. „Politische Massenbewegungen“ neigten zum
       „Opportunismus“ heißt es auch in den internen Materialien, die der taz
       vorliegen.
       
       Die Strategie- und Schulungsunterlagen der IB um den führenden Kader Martin
       Sellner offenbaren die straffe Organisation, deren finanzielle Unterstützer
       und einkalkulierte Reaktionen des Staates von Hausdurchsuchungen bis
       Verhaftung. Seit 2012 war die IB in Deutschland vor allem in den
       Online-Netzwerken aktiv, um die „ethnokulturelle Identität der europäischen
       Völker“ vor dem „demographischen Kollaps“ und der „Welle der
       Masseneinwanderung“ zu bewahren.
       
       „Requiem oder Reconquista“ ist ihre immer wiederkehrende Losung,
       oszillierend zwischen Fatalismus und Heroismus. Als „radikale Avantgarde“
       wollen sie, getreu des französischen Vorbildes der Génération Identitaire,
       mit Aktionen das „politische Fenster immer wieder erweitern und der
       „metapolitischen Hegemonie trotzen“, schreiben sie.
       
       Die Neue Rechte von der Jungen Freiheit (JF) bis zum „Institut für
       Staatspolitik“ (IfS) begrüßte die selbsternannte „metapolitische Bewegung
       von ‚Rechts‘“. Eint sie doch die Intention, Diskurse und Positionen in der
       Mitte der Gesellschaft durch einen „Informationskrieg“ zu bestimmen und den
       „Mainstream“ erreichen zu wollen, um die „Legitimation der herrschenden
       Macht“ anzugreifen.
       
       Die Euphorie wich bald der Enttäuschung. Im Februar 2013 hielt der
       Mitgründer des IfS, Götz Kubitschek, auf dem Webportal sezession.net der IB
       vor, sich nicht als „virulente Protestbewegung“ zu etablieren, da sie keine
       „Führungspersönlichkeiten“ herausbildete, sie bräuchte aber „Männer“,
       „Desparados“, die bereit seien, stärker Gesicht zu zeigen, „und zwar nicht,
       weil sie außer ihrer Gesinnungstreue nichts anzubieten haben, sondern
       OBWOHL (Hervorhebung im Original) sie auch eine ganz normale Karriere
       machen könnten“.
       
       ## Strenge Regeln für die Aktivisten
       
       Drei Jahre später ist die Bewegung, deren Verein „Identitäre Bewegung
       Deutschland e.V.“ Nils Altmieks repräsentiert, in den Medien durch
       provokante Aktionen präsent. Das erreichte sie auch dank der Unterstützung
       durch Kubitscheks Netzwerke. Gelder und Material für Aktionen erhält die
       Bewegung laut des internen Materials neben den Fördermitgliedschaften des
       Vereins und durch Spenden über die Initiative „Ein Prozent für unser Land“.
       „Ein Prozent“ versteht sich – wie Kubitschek sagt – als „Greenpeace für
       Deutsche“. Das Portal will den Protest gegen Einwanderung und
       „Überfremdung“ vernetzen und professionalisieren.
       
       Eigeninitiative scheint bei der IB nur begrenzt gewünscht. Möchte ein
       Aktivist ein Banner anfertigen, soll – nach den Unterlagen – der „Leiter
       der Gruppe“ gefragt werden, um nicht die „Corporate Identity der Bewegung“
       zu unterlaufen. Style und Habitus müssen auch bei den Aktionen und
       Flugblättern stimmen, wird gemahnt.
       
       Das Material enthält auch Argumentations- und Auftrittsregeln: Die
       Aktivisten sollen Bejahungsketten entwerfen, um politische Gegner zu
       widerlegen. Es sei auch wichtig, genau auf die Körpersprache zu achten,
       entspannt zu wirken und zu lächeln. Der Einzelne solle eigene Stärken und
       Schwächen bei Reden ausloten, Gruppen sollten die Rollenverteilung in ihre
       Aktionen präzise absprechen und kritisch auswerten.
       
       Auch bei der Veranstaltungsorganisation schreiben die Materialien strenge
       Regeln vor: Bei der Anmietung von Räumen sollte man „vage“ bei den
       Absichten bleiben. Für Stammtische müsste ein aktuelles Thema vorbereitet
       und von einem Nebenthema flankiert werden. Es wird erklärt, dass die
       „gesetzgebende Gewalt“ von einer „kleinen Gruppe von Stalinisten“
       unterwandert sei.
       
       Bei der Polizei seien keine Aussagen zu machen, Rollenverteilungen der
       Beamten bei Vernehmungen zu beachten und nach Durchsuchungen zu
       berücksichtigen, das Abhöranlagen installiert sein könnten. „Vergiss nie:
       Wenn du in U-Haft bist (…) bist du kein Krimineller, sondern ein Aktivist
       und du kämpfst weiter“. Und: „Die erste Regel für alle Identitären ist
       Loyalität. Niemandem wird vergeben, wenn er einen aus unseren Reihen
       verrät. Wir sind ein Klan und halten zusammen“.
       
       In den Materialien schreibt die IB den Frauen der Bewegung eine besondere
       Rolle zu. Um „Zuneigung“ zu erreichen, sollten Bilder von Aktionen „mit
       jungen Menschen (Frauen), die eine positive Ausstrahlung haben“, verwendet
       werden. Bei Treffen müsste jeder Aktivist eine „klare Rolle“ haben, als
       Hinweis für Empfänge wird erklärt: „Mädchen sind besser“. Ihre Zielgruppe
       benennt die IB auch: „junge europäische Männer“. Bei „Neuintressierten“
       soll während eines Ersttreffens betont werden, die Gruppe auch Sport und
       Kultur pflege und, dass „wir auch Freunde sind und nicht nur politische
       Partner“.
       
       24 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
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