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       # taz.de -- Dieselgate in Deutschland: Jetzt sollen die Gerichte ran
       
       > Immer noch landen auf deutschen Straßen Dieselautos, die zuviel giftiges
       > Stickoxid ausstoßen. Zwei Klagen von Ökoverbänden sollen das beenden.
       
   IMG Bild: 3.500 Autos sollen täglich legal eine Zulassung bekommen, obwohl ihre Grenzwerte illegal hoch sind
       
       Berlin taz/rtr | Der Streit um dreckige Dieselfahrzeuge in Deutschland wird
       jetzt vor den Gerichten ausgetragen. Am Freitag zog der Umweltverband BUND
       vor das Verwaltungsgericht Schleswig, um den Verkauf von neuen
       Dieselfahrzeugen zu verhindern. Und bereits seit einer Woche liegt dort
       eine Klage der „Deutschen Umwelthilfe“ gegen die Rückruf-Aktion von VW für
       seine Dieselautos.
       
       Dabei decken die Klagen die Vergangenheit und die Zukunft von „Dieselgate“
       ab: Der BUND schaut in die Zukunft. Er will erreichen, dass ab sofort keine
       neuen Autos verkauft werden dürfen, die die Stickoxid-Grenzwerte nicht
       einhalten. Das ist derzeit der Fall: nach einem Gutachten des
       Bundesverkehrsministeriums vom April 2016 erreichen 26 Modelle vieler
       Hersteller wie Audi, BMW, Dacia, Rover, Ford, VW, Mercedes, Opel, Peugeot
       statt des Grenzwerts von 80 Gramm pro Kilometer bei halbwegs realistischen
       Tests auf der Straße 160 Gramm bis über 1.100 Gramm.
       
       Dennoch können diese Autos noch bis 2019 zugelassen werden. Nach
       Schätzungen des BUND sind das täglich 3.500 Autos, die legal eine Zulassung
       bekommen, obwohl ihre Grenzwerte illegal hoch sind. „Es kann nicht sein,
       dass diese Autos auf die Straße kommen“, sagt BUND-Verkehrsexperte Jens
       Hilgenberg. Er verlangt ein „sofortiges Verkaufsverbot für diese
       Fahrzeuge“. In einer repräsentativen Emnid-Umfrage hätten sich kürzlich 58
       Prozent der Befragten auch dafür ausgesprochen.
       
       Die Deutsche Umwelthilfe wiederum greift die Rückrufaktion von VW an, mit
       der der Wolfsburger Konzern seine Schummelsoftware aus den Autos entfernt.
       Die DUH hat einen Golf nach der Nachrüstung bei einem Test auf der Straße
       nach Schadstoffen untersucht und ist fündig geworden: „Der Grenzwert wurde
       um den Faktor 3,3 überschritten“, sagt DUH-Expertin Dorothee Saar.
       
       Nun will der Umweltverband das zuständige Kraftfahrbundesamt (KBA)
       zwingen,die Typgenehmigungen für diese Modell zurückzunehmen und die Autos
       praktisch stillzulegen. Als Alternative könne VW die Autos so nachrüsten,
       dass sie die Grenzwerte einhielten – oder VW solle den Kauf rückabwickeln
       und die Kunden entschädigen.
       
       ## Illegale „Abschalteinrichtungen“
       
       In dem Verfahren hofft die DUH auch auf eine richterliche Klärung einer
       zentralen Frage: Wie legal sind die Abschalteinrichtung, die fast alle
       Hersteller in ihren Dieselmotoren nutzen? Mit den sogenannten
       „Thermofenstern“ schalten die Autos angeblich zum Schutz des Motors die
       NOx-Reinigung ab – teilweise aber bei Temperaturen etwa unter 17 Grad, so
       dass nur in wenigen Fahrsituationen überhaupt die Abgase korrekt gereingt
       werden.
       
       Anders als die Betrugssoftware von VW gelten diese Tricks bei Behörden,
       Ministerium und manchen Experten als legal – Umweltschützer und EU halten
       sie für illegale „Abschalteinrichtungen“. Das Verwaltungsgericht könnte
       diese Streitfrage nun klären.
       
       Das Verwaltungsgericht in Schleswig und VW bestätigten den Eingang der
       Klageschriften. Das KBA lehnte eine Stellungnahme ab.
       
       24 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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