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       # taz.de -- Auflagen für französische Unternehmen: Kein Recht auf Ausbeutung
       
       > Als erstes Land verpflichtet Frankreich seine Konzerne per Gesetz, auf
       > Menschenrechte und Ökologie zu achten – entlang der gesamten Lieferkette.
       
   IMG Bild: Auch den französischen Konzern Renault betrifft das neue Gesetz
       
       Paris taz | Die letzte Hürde ist überwunden: Frankreich verpflichtet
       Unternehmen nun per Gesetz dazu, Menschenrechte und die Umwelt in der
       gesamten Wertschöpfungskette zu achten. Das oberste Verfassungsgericht hat
       nun mit Ausnahme zweier Aspekte bestätigt, dass die Regeln
       verfassungskonform sind.
       
       Im Februar hatte das französische Parlament das Gesetz nach einer
       Marathondebatte gegen den heftigen Widerstand der konservativen Opposition,
       des Arbeitgeberverbands und der Vertreter der Großunternehmen
       verabschiedet. Damit will der französische Gesetzgeber eine Art humanitäre
       und ökologische Haftung einführen und Formen brutaler Ausbeutung wie etwa
       Kinder- und Zwangsarbeit verhindern.
       
       Konkret sieht das so aus: Französische Unternehmen mit mehr als 5.000
       Beschäftigten oder Gesellschaften ausländischer Konzerne mit mehr als
       10.000 Mitarbeitern sind nun gehalten, einen Plan auszuarbeiten und zu
       veröffentlichen, der es ihnen erlaubt, „schwere Verstöße“ gegen
       Menschenrechte oder den Umweltschutz zu verhindern und Risiken zu
       identifizieren. Ob die Konzerne ihre Pflichten einhalten, kann auf Antrag
       gerichtlich überprüft werden. Verstoßen sie dagegen, können sie im Fall
       eines Schadens haftbar gemacht werden. Rund 120 Unternehmen sind von dem
       Gesetz betroffen, darunter Renault, Total oder Danone.
       
       Allerdings: Zwei wesentliche Aspekte sind zur großen Enttäuschung von NGOs
       vom Verfassungsgericht gestrichen worden. Im ursprünglichen Gesetzestext
       war auch von „Verletzung der Grundfreiheiten“ die Rede. Diese Formulierung
       war nach Beurteilung des Gerichts nicht genügend präzise für eine
       juristische Umsetzung.
       
       ## Deutschland hat nur Erwartungen
       
       Weggefallen ist auch die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit von
       Sanktionen in Form hoher Geldstrafen oder Schadenersatzzahlungen, die bis
       zu 30 Millionen Euro gehen sollten. Diese Schärfe und Verbindlichkeit fehlt
       also – auch wenn Finanzminister Michel Sapin nicht ausschließen wollte,
       dass das Gesetz später noch verschärft werde.
       
       Lob bekommt das Gesetz trotzdem, und zwar auch aus anderen Ländern, etwa
       von den Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen Amnesty
       International, Brot für die Welt, Germanwatch und Oxfam. Frankreich
       verpflichte als erstes Land weltweit Konzerne dazu, auch bei Geschäften im
       Ausland auf Menschenrechte und Umwelt zu achten. Zum Missfallen der
       französischen Unternehmer: Der Verband der französischen Privatunternehmen
       AFEP befürchtet, dass die im internationalen Rahmen isolierte Regelung
       „negative Konsequenzen“ für französische Firmen haben könnte.
       
       Wenn es nach den NGOs geht, bleibt es aber nicht lange bei diesem
       Alleinstellungsmerkmal. Markus N. Beeko, Amnesty-Generalsekretär in
       Deutschland, forderte die Bundesregierung auf, sich ein Beispiel am
       Nachbarland zu nehmen und „endlich in Deutschland die notwendigen
       rechtlichen Rahmenbedingungen“ für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten
       von Unternehmen zu schaffen. Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Präsidentin von
       Brot für die Welt, erklärte: „Sage keine Regierung mehr, man könne nur die
       Krümmung von Bananen gesetzlich regeln, aber nicht, unter welchen
       Arbeitsbedingungen sie angebaut werden.“
       
       Tatsächlich hatte die Bundesregierung zwar Ende vergangenen Jahres einen
       nationalen Aktionsplan beschlossen, der von der Wirtschaft unter anderem
       die Einhaltung bestimmter Standards und die Einrichtung von
       Beschwerdemöglichkeiten fordert. Doch Gewerkschaften und
       Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Schwachstellen des Plans:
       Statt die Unternehmen wirklich in die Pflicht zu nehmen, formuliere die
       Bundesregierung lediglich ihre Erwartungen an die Wirtschaft. Die Linke
       sprach damals in einer Erklärung von einem „skandalös zahnlosen
       Aktionsplan“.
       
       24 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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