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       # taz.de -- Kinoklassiker mit Neustart: Klick im Comeback
       
       > Der gegenwärtige Boom der Kiezkinos hat auch Charlottenburg erreicht: Das
       > Klick am Stuttgarter Platz ist zurück.
       
   IMG Bild: Machen mit dem Klick ihren Traum vom Kino wahr: Christos Acrivulis und Claudia Rische
       
       Wie wäre es denn damit, aus lauter Liebe zum Film ein eigenes unabhängiges
       Kino zu eröffnen? Diese Frage stellte noch in den nuller Jahren ernsthaft
       niemand mehr. Gegen die Übermacht der Multiplexe und etablierten
       Arthouse-Kino-Ketten habe man eh keine Chance, hieß es. Und sowieso sei das
       Kino eine auf längere Sicht vom Aussterben bedrohte Institution der
       Vergangenheit.
       
       Doch ähnlich wie bei den Plattenläden, die in dieser Zeit schwer kriselten
       und heute wieder an jeder Ecke in Berlins zu finden sind, gibt es derzeit
       einen Boom der Kiezkinos. Il Kino und Wolf in Neukölln sowie das neue
       Eiszeit in Kreuzberg sind nur ein paar Beispiele aus der jüngsten Zeit
       dafür, dass wieder an unabhängige Kinos geglaubt wird. Nur allein mit sich
       auf dem Laptop Spotify hören und Netflix glotzen, scheint auf Dauer eben
       doch nicht zu befriedigen, deswegen feiern Plattenläden und
       Lichtspielhäuser als Orte sozialer Kommunikation derzeit so ein Comeback.
       
       Auch die Räumlichkeiten des Klick-Kinos in Charlottenburg, das es nach
       dreizehnjähriger Pause jetzt wieder gibt, bieten mehr als ein Foyer und
       eine Leinwand und folgen dem Trend, Cineasten nicht nur als Besucher,
       sondern eher als Gäste zu empfangen. Im B-Ware in Friedrichshain etwa
       wartet eine große Auswahl an Whiskeys auf den Filmfreund, im Il Kino wird
       italienisch gekocht, und das Wolf sowie das umgebaute Eiszeit wollen als
       Orte verstanden sein, an denen man mal einen trinken kann, selbst ohne
       einen Film zu sehen.
       
       Auch der Weg in den Saal des Kino Klick führt nun erstmal durch ein Café.
       Die Firma DaWanda, Internetanbieter für handgemachte Produkte aller Art,
       hat hier eine Art Showroom mit Gastronomie. Milchkaffee schlürfen,
       selbstgestickte Kissen in der Form eines Zahnes bewundern und sich dann
       noch einen Film sozusagen im Hinterzimmer ansehen, das alles wird hier im
       Zusammenspiel von Klick-Kino und DaWanda zusammengeführt.
       
       ## Wieder wachgeküsst
       
       Claudia Rische und Christos Acrivulis heißen die beiden, die das Klick aus
       seinem Dornröschenschlaf wachgeküsst haben. Ganz bewusst haben sie sich
       nach einem Ort in Charlottenburg umgeschaut, um ihr Vorhaben mit dem
       eigenen Kino zu verwirklichen, sagen sie. Der Bedarf an Programmkinos in
       Friedrichshain, Kreuzberg und Neukölln sei gedeckt, finden sie, in
       Charlottenburg dagegen noch nicht. Das glaubt übrigens auch die
       Arthouse-Kinogruppe Yorck, die ebenfalls noch in diesem Sommer ein neues
       Programmkino am Bahnhof Zoo mit mehreren Sälen eröffnen wird.
       
       Diese zukünftige Konkurrenz und auch der Umstand, dass sich das Kant Kino –
       auch ein Programmkino – in unmittelbarer Nähe des Klick befindet, sei kein
       Problem, so Rische und Acrivulis. Monat für Monat würden sich inzwischen so
       viele Filme für den Einsatz im Kino anbieten, dass man sich bei dieser
       Auswahl gar nicht unbedingt gegenseitig das Publikum streitig machen müsse.
       Zumal man im Klick noch weit stärker auf kleine Independentfilme setzen
       werde, auch aus dem Filmverleih, den Christos Acrivulis betreibt.
       
       Die zwei frischgebackenen Kinobetreiber arbeiten schon seit einer ganzen
       Weile im Kinogeschäft, Rische leitet eine PR-Agentur für Filme, Acrivulis
       hat den besagten kleinen Filmverleih für unabhängige Produktionen von
       Nachwuchsfilmern. Das Kino wird für sie nur Nebenbeschäftigung neben ihren
       Hauptjobs bleiben, erzählen sie beim Gespräch im DaWanda-Café. Zu Beginn
       werden sie auch mal selbst Kinokarten abreißen, längerfristig wollen sie
       jedoch hauptsächlich das Programm kuratieren. Jeden Tag werde es zwei
       Vorstellungen im einzigen Kinosaal mit 83 Sitzplätzen geben, eine um 18 Uhr
       und eine um 20 Uhr, bei der dazu vorab Kurzfilme gezeigt werden.
       
       ## Kino mit Geschichte
       
       Man merkt Claudia Rische und Christos Acrivulis die Vorfreude auf ihr neues
       Projekt deutlich an. Aber auch die Anspannung: Wird es wirklich
       funktionieren, ein altes Kino, das es bereits über 100 Jahre gibt, das aber
       nach seinem vorläufigen Ende 2004 auch schon wieder vergessen war, neu zu
       beleben? Immerhin gab es in den vergangenen zwei Jahren schon sporadisch
       Kinovorstellungen im Saal des ehemaligen Klick, „Mädchenkino“ nannte sich
       das, gezeigt wurden vor allem Filmklassiker. Die Rückkehr eines
       Programmkinos am Stuttgarter Platz kommt für die Kiezbewohner also gar
       nicht so plötzlich.
       
       Erstmal gehe es nun hauptsächlich darum, „Spaß zu haben“ und „den Traum vom
       eigenen Kino zu verwirklichen“, so Christos Acrivulis. Dass man über keinen
       der inzwischen obligatorischen Digitalprojektoren verfüge, soll dem nicht
       im Wege stehen. Vorerst wird halt noch weiter der alte
       35-Millimeter-Projektor angeworfen und ein Videobeamer. Für weitere
       Investitionen reiche das Geld erst mal nicht, doch Claudia Rische hofft,
       noch in diesem Jahr auf eine digitale Projektion umrüsten zu können. Damit
       das Klick in Charlottenburg endgültig wieder eine echte Zukunftsperspektive
       hat.
       
       Am Donnerstag, 6. April, startet das Kino Klick, Windscheidstraße 19,
       wieder mit dem regulären Kinobetrieb. Um 18 Uhr wird die Dokumentation
       „Happy“ gezeigt, um 20 Uhr die italienische Tragikomödie „Die
       Überglücklichen“.
       
       6 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hartmann
       
       ## TAGS
       
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