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       # taz.de -- Terror in Ägypten: Zurück zum Ausnahmezustand
       
       > Nach den Anschlägen mit mehr als 40 Toten gilt wieder der
       > Ausnahmezustand. Präsident al-Sisi sieht sich in seinem autokratischen
       > Kurs bestätigt.
       
   IMG Bild: Trauerfeier in Alexandria: Am Sonntag hatte sich ein Attentäter vor einer Kirche in die Luft gesprengt
       
       Berlin taz | Es war eine der zentralen Forderungen der Ägypter im
       Arabischen Frühling 2011: die Aufhebung des Ausnahmezustands, mit dem Husni
       Mubarak drei Jahrzehnte lang das Land regiert hatte. Nun ist nicht nur die
       Militärherrschaft zurückgekehrt, sondern auch der Ausnahmezustand.
       
       Nach den beiden Anschlägen auf Kirchen in Tanta und Alexandria, bei denen
       am Sonntag mehr als 40 Menschen getötet wurden, verhängte die Regierung am
       Montag einen dreimonatigen Ausnahmezustand. Präsident Abdel Fattah al-Sisi
       hatte den Schritt in einer TV-Ansprache am Vorabend angekündigt und
       erklärt, dies sei notwendig, „um unser Land zu schützen“. Laut Verfassung
       muss das Parlament dem nun innerhalb einer Woche zustimmen. Da al-Sisis
       Unterstützer dort eine Mehrheit haben, gilt das als Formsache.
       
       In seiner Ansprache machte der General, der sich 2013 an die Macht
       putschte, deutlich, dass er sich in seinem autokratischen Kurs durch die
       jüngsten Anschläge bestätigt sieht: „Erinnert euch an Juli 2013, als ich
       ein Mandat forderte, um Gewalt und Terrorismus entgegenzutreten. Damals
       sprach ich von einem langwierigen Krieg.“
       
       Seit seiner Machtübernahme versucht al-Sisi, wieder Ruhe ins Land zu
       bringen. Die Anschläge und der Ausnahmezustand zeigen, dass ihm dies
       offenbar nicht gelingt. Es ist das erste Mal, dass der Präsident einen
       landesweiten Ausnahmezustand ausruft, seit die neue Verfassung 2014 in
       Kraft trat. Laut dieser kann ein Ausnahmezustand für nur drei Monate
       verhängt und maximal um drei Monate verlängert werden.
       
       Allerdings haben örtliche Ausnahmezustände auf der Sinai-Halbinsel gezeigt,
       dass diese Grenzen umgangen werden können, indem man zwischen den
       jeweiligen Perioden einige Tage ins Land ziehen lässt und erst dann den
       nächsten Ausnahmezustand verhängt.
       
       Al-Sisi hat nun offiziell das Recht, eine Vorab-Zensur der Medien zu
       verfügen, die Versammlungsfreiheit einzuschränken, eine Ausgangssperre zu
       verhängen und jegliche Telekommunikation zu überwachen. Auch können
       Zivilisten vor Sondergerichte gestellt werden, deren Urteile nicht
       angefochten werden können. Allerdings sitzen bereits jetzt Oppositionelle
       zuhauf im Gefängnis und sind die Medien weitgehend gleichgeschaltet.
       
       ## Weitere Anschläge waren geplant
       
       Trotz der vielen Opfer am Sonntag konnte noch Schlimmeres verhindert
       werden. Offensichtlich galt der Anschlag in Alexandria dem Oberhaupt der
       koptischen Kirche. Tawadros II. hielt in der Kirche eine Messe. Der
       Selbstmordattentäter sprengte sich aber am Eingangstor der Kirche in die
       Luft.
       
       Ein Überwachungsvideo zeigt einen Mann in Jacke, der vom
       Sicherheitspersonal zunächst offenbar abgewiesen und gebeten wird, durch
       einen Metalldetektor zu gehen. Kurz darauf sind nur noch Trümmer und Rauch
       zu sehen. Nach Angaben des Innenministeriums handelte es sich bei dem Mann
       um den Attentäter.
       
       Religiös motivierte Angriffe und gezielte Terroranschläge auf Christen
       häufen sich in Ägypten, in dem Muslime weitestgehend friedlich mit der
       christlichen Minderheit zusammenleben, die rund zehn Prozent der über
       neunzig Millionen Ägypter ausmacht. 2016 kam es zu verschiedenen Vorfällen,
       bei denen Muslime in der Stadt al-Minja unter anderem Häuser von Christen
       in Brand steckten. Im Dezember hatte die Terrormiliz IS einen Anschlag auf
       eine Kirche in der Hauptstadt Kairo für sich reklamiert, bei dem 30
       Menschen getötet wurden. Im Februar drohte der IS, der auch die Anschläge
       vom Sonntag für sich beansprucht, mit weiteren Angriffen auf Christen.
       
       Am Montag haben Unbekannte zudem von der Sinai-Halbinsel eine Rakete auf
       Israel abgefeuert. Das Geschoss habe aber keinen größeren Schaden
       angerichtet, erklärte die israelische Armee. Nach einer Warnung vor einem
       terroristischen Angriff hatte Israel zuvor den Grenzübergang Taba an der
       Grenze zu Ägypten geschlossen.
       
       10 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
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