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       # taz.de -- Sammelabschiebung nach Afghanistan: Rückflug ins Ungewisse
       
       > Deutschland hat erneut 15 Afghanen in ihre Heimat abgeschoben. Laut UNO
       > gibt es seit Jahresbeginn etwa 50.000 Binnenflüchtlinge in Afganistan.
       
   IMG Bild: Eine Passagiermaschine mit abgeschobenen Flüchtlingen am Münchner Flughafen (Archivbild Februar 2017)
       
       Kabul dpa | Zum vierten Mal sind abgelehnte Asylbewerber von Deutschland
       nach Afghanistan abgeschoben worden. Das Flugzeug mit 15 Migranten an Bord
       erreichte Kabul aus München kommend am Dienstagmorgen um kurz vor 7.00 Uhr.
       Seit Dezember sind nun insgesamt 92 Männer nach Afghanistan zurückgeflogen
       worden.
       
       Es handele sich „ausnahmslos um alleinstehende Männer“, einige von ihnen
       seien in Deutschland straffällig geworden, hatte das bayerische
       Innenministerium am Montagabend mitgeteilt. Außer Bayern hatten sich an der
       Rückführungsaktion auch Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen,
       Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz beteiligt.
       
       Der Sprecher des Flughafens in Kabul, Mohammed Adschmal Faisi, sagte, die
       Ankunft sei ruhig verlaufen. Die meisten Ankömmlinge wollten nicht mit
       Medien sprechen. Viele wirkten müde oder wütend.
       
       Obaid Ros aus der ostafghanischen Provinz Nangarhar sagte, er habe sieben
       Jahre lang in Landshut gelebt. Er habe Arbeit gehabt, habe Computer
       repariert. „Ich habe keine Ahnung, wieso sie meine Asylbewerbung gestoppt
       haben“, sagte der 24-Jährige. Als er von der bevorstehenden Abschiebung
       gehört habe, sei er geflohen, aber die Polizei habe ihn wieder eingeholt
       und drei Wochen lang festgehalten. Er werde trotzdem versuchen, nach
       Deutschland zurückzugehen. „Hier gibt es keine Sicherheit, keine Arbeit,
       kein Leben“, sagte Ros.
       
       Die Abschiebungen sind umstritten, weil sich in Afghanistan der Konflikt
       zwischen Regierung und den radikalislamischen Taliban verschärft und es
       landesweit Gefechte und Anschläge gibt.
       
       ## Fast 50.000 Binnenflüchtlinge
       
       Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dagegen am Montag, „die
       Bewertung der aktuellen Sicherheitslage“ durch Bundesinnenministerium und
       Auswärtiges Amt sei unverändert. Sie lasse Rückführungen in gesicherte
       afghanische Provinzen zu.
       
       Von Seiten der Vereinten Nationen gibt es keine abschließende Bewertung,
       welche afghanischen Provinzen sicher oder unsicher sind. Die meisten
       Passagiere des vierten Fluges stammten zumindest nicht aus schwer
       umkämpften Provinzen, sagte ein Mitarbeiter des Kabuler
       Flüchtlingsministeriums, der ungenannt bleiben wollte. „Viele sind aus
       Kabul, andere aus Pandschir oder Parwan.“ Einige kämen allerdings aus
       unsicheren Provinzen wie Wardak oder Nangarhar. Auf dem dritten
       Abschiebeflug im Februar kam etwa die Hälfte aller Passagiere aus
       umkämpften Provinzen wie Urusgan, Kundus oder Paktia.
       
       Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha) hatte am Montag
       gemeldet, seit Jahresbeginn seien fast 50.000 Afghanen vor Gefechten
       zwischen Regierung und Taliban aus ihren Dörfern geflohen. Laut US-Militär
       kontrolliert die afghanische Regierung nur noch rund 57 Prozent des Landes,
       15 Prozent weniger als Ende 2015. In Kabul, wo viele Abgeschobene erst
       einmal bleiben, gab es seit Jahresbeginn fünf große Anschläge mit
       mindestens 132 Toten und mindestens 347 Verletzten. Die Frühjahrsoffensive
       der Taliban steht kurz bevor.
       
       28 Mar 2017
       
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