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       # taz.de -- Zschäpe-Anwälte wollen hinschmeißen: „Persönlich nicht mehr zumutbar“
       
       > Die Verteidiger von Beate Zschäpe wollen nicht mehr. Diese hatte sich aus
       > der Haft heraus von Anträgen ihrer Anwälte distanziert.
       
   IMG Bild: Die (Noch-)Verteidiger von Beate Zschäpe: Heer (l.), Sturm (M.) und Stahl
       
       BERLIN taz | Nach fast vier Jahren ist im NSU-Prozess in München
       tatsächlich ein Ende absehbar. Erst kürzlich rief Richter Manfred Götzl
       alle Beteiligten auf, letzte Anträge zu stellen. Dennoch wollen die
       Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe nicht mehr: Sie beantragten
       nun beim Gericht, aus ihrem Mandat entlassen zu werden.
       
       Eine Fortsetzung ihrer Arbeit sei „auch in persönlicher Hinsicht nicht mehr
       zumutbar“, schrieben die Anwälte Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang
       Stahl an Richter Götzl. Das Auftreten Zschäpes greife inzwischen ihre
       „persönliche und berufliche Integrität in ehrverletzender Weise“ an. Das
       Schreiben liegt der taz vor.
       
       Hintergrund ist eine offene Attacke Zschäpes gegen das Verteidigertrio. Aus
       der Haft heraus hatte diese am vergangenen Freitag das Gericht
       angeschrieben und sich von drei zuletzt gestellten Befangenheitsanträgen
       distanziert. Diese seien ohne ihren „Wunsch“ und „Willen“ erfolgt.
       
       Sturm, Heer und Stahl reichte es darauf. Zschäpes Vorwurf sei „absurd“,
       schrieben sie an das Gericht. Die Anwälte verwiesen auf ein Treffen,
       Telefonate und eine Email mit Zschäpes weiteren Verteidigern Mathias Grasel
       und Hermann Borchert, in dem diese das Einverständnis der 42-Jährigen zu
       den Befangenheitsanträgen übermittelt hätten.
       
       ## Kein „Spielball“ Zschäpes
       
       Nun müsse man „entweder davon ausgehen, von den Rechtsanwälten Grasel und
       Borchert mit unwahren Informationen (…) versorgt zu werden“ oder Zschäpe
       äußere sich „wahrheitswidrig“, klagten Sturm, Stahl und Heer. Eine
       Verteidigung der Angeklagten sei damit nicht mehr möglich, da keine
       „Verifizierung“ mehr stattfinden können, was diese tatsächlich wolle. Man
       sei kein „Spielball“ Zschäpes, so die Verteidiger, und lasse sich auch
       nicht zu „Sicherungsmarionetten“ des Gerichts machen, um den Prozess nicht
       platzen zu lassen.
       
       Der Streit ist nicht neu. Schon im Sommer 2015 hatte das Verteidigertrio
       beantragt, ihr Mandat niederlegen zu dürfen. Zuvor hatte Zschäpe ihnen
       wiederholt vorgeworfen, sie nicht angemessen zu verteidigen und sie zu
       einer Schweigestrategie im Prozess zu nötigen. Das Gericht lehnte das
       Ansinnen der Verteidiger als „unbegründet“ ab.
       
       Nun müssen sich die Richter erneut beraten. Die Hürde für eine Entbindung
       bleibt allerdings hoch: Die Anwälte müssen eine „unrettbare Zerrüttung des
       Vertrauens zu ihrer Mandantin“ nachweisen. Und sie wissen, dass die Richter
       bisher alles taten, um den laufenden Prozess nicht zu gefährden.
       
       ## Immer wieder Zoff
       
       Nach den ersten Verwerfungen hatte Zschäpe ihre Kommunikation mit Stahl,
       Sturm und Heer fast gänzlich eingestellt. Diese setzten die Verteidigung
       auf eigene Faust fort. Zschäpe wiederum bekam im Juli 2015 mit Grasel einen
       vierten Pflichtverteidiger zugestanden – und sagte mit diesem ein halbes
       Jahr später tatsächlich im Prozess aus. Sie räumte ein, dass die zehn Morde
       des NSU auf das Konto ihrer Kumpanen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gingen.
       Sie selbst sei daran aber nicht beteiligt gewesen.
       
       Grasel, der durch Anwalt Borchert beraten wird, lehnte am Dienstag eine
       Stellungnahme zu den Vorwürfen von Stahl, Sturm und Heer ab. Vertreter der
       NSU-Opfer kritisierten den Streit. „Zschäpe versucht, das Gericht als
       Geisel zu nehmen“, sagte Nebenklageanwalt Mehmet Daimagüler. „Das wird ihr
       aber nicht gelingen. Sie wird ihre Strafe erhalten.“
       
       Die jüngsten Befangenheitsanträge der Verteidiger gegen die Richter hatten
       dem NSU-Prozess zuletzt eine zweieinhalbwöchige Pause aufgezwungen. Am
       Mittwoch nun geht das Verfahren weiter. Der Streit der Anwälte mit Zschäpe
       dürfte diesen Prozesstag nun überlagern.
       
       28 Mar 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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