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       # taz.de -- Spionagevorwürfe gegen Türkei: Bundestagsabgeordnete im Fokus
       
       > Der türkische Geheimdienst soll mindestens zwei deutsche Abgeordnete im
       > Visier haben. Justizminister Maas droht Spionen mit Strafverfolgung.
       
   IMG Bild: Michelle Müntefering (li.) ist offenbar für den türkischen Geheimdienst von Interesse
       
       Berlin afp | Neue Spionagevorwürfe gegen die Türkei belasten immer stärker
       das ohnehin angespannte deutsch-türkische Verhältnis. Medienberichten vom
       Mittwoch zufolge stehen auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle
       Müntefering sowie mindestens eine weitere Parlamentarierin im Fokus des
       türkischen Geheimdiensts MIT. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) drohte
       Beteiligten an Spionagetätigkeit in Deutschland ausdrücklich mit einer
       Strafverfolgung.
       
       Das Recherchenetzwerk von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR berichtete
       unter Berufung auf eigene Informationen, Müntefering würden „gute
       Beziehungen“ zur islamischen Gülen-Bewegung vorgeworfen. Ihr Name sowie der
       einer Berliner CDU-Abgeordneten stünden auf einer entsprechenden Liste des
       MIT. Die SPD-Bundestagsabgeordnete sei am Montag vom Bundeskriminalamt
       (BKA) über die Angelegenheit informiert worden.
       
       Die Gülen-Bewegung wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch
       vom vergangenen Juli verantwortlich gemacht, wofür dem
       Bundesnachrichtendienst (BND) aber keine Erkenntnisse vorliegen. Umgekehrt
       hatte die Bundesanwaltschaft am Dienstag bestätigt, sie ermittle wegen des
       Verdachts, dass der Geheimdienst MIT in Deutschland Anhänger der
       Gülen-Bewegung ausspioniere.
       
       „Spionage ist strafbar, dem werden wir nicht tatenlos zusehen“, erklärte
       Maas in Berlin zu den Ermittlungen. Sollten sich diese schwerwiegenden
       Vorwürfe gegen den MIT bestätigen, sei klar gesagt: „Unser Recht gilt auch
       für den türkischen Geheimdienst.“ Dieses Recht schütze „alle Menschen, die
       bei uns leben“. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach mit Blick auf die
       Aktivitäten des MIT von einem „unmöglichen Vorgang“.
       
       ## Hunderte Betroffene
       
       Nach deutschen Behördenangaben sammelte der türkische Geheimdienst
       Informationen über rund 300 Menschen und Einrichtungen, die mit der
       Gülen-Bewegung in Verbindung gebracht werden. Laut Medienberichten übergab
       der MIT am Rande der Sicherheitskonferenz in München im Februar eine Liste
       mit hunderten Namen, Adressen, Telefonnummern und teilweise Fotos an
       BND-Chef Bruno Kahl. Ein Teil der Betroffenen wurde inzwischen
       offensichtlich von den deutschen Behörden gewarnt.
       
       Gegen eine Bespitzelung von Menschen in Deutschland hatte sich am Dienstag
       auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gewandt. Ein
       Ministeriumssprecher teilte am Mittwoch allerdings mit, dass Vorwürfe von
       türkischer Seite gegen Menschen in Deutschland daraufhin geprüft würden, ob
       es tatsächlich Anhaltspunkte für strafbare Handlungen gebe. Die zweite zu
       prüfende Frage sei, ob wegen der türkischen Vorwürfe umgekehrt eine
       Gefährdung für die davon Betroffenen bestehe. Die dritte Frage seien
       mögliche Hinweise auf eine türkische Spionagetägigkeit, „die dann wiederum
       ihrerseits entsprechende Ermittlungen zur Folge hätte“.
       
       Das Auswärtige Amt bestätigte, dass Deutschtürken bei Reisen in die Türkei
       teilweise festgenommen oder zurückgeschickt wurden. „Uns sind einige solche
       Fälle bekannt“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer.
       Betroffen sind Berichten zufolge Kurden oder Menschen, die mit der
       Gülen-Bewegung in Verbindung gebracht werden, sowie Regierungskritiker.
       
       29 Mar 2017
       
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