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       # taz.de -- Martin Schulz trifft Angela Merkel: Koalitionsgipfel wider Willen
       
       > Erst wollte er gar nicht hin, nun war SPD-Herausforderer Schulz doch bei
       > der Kanzlerin. Mehr als sechs Stunden ging es hart zur Sache. Heraus
       > kommt viel Kleinklein.
       
   IMG Bild: Wer strahlt am Ende heller? Merkel oder Schulz? (Archivbild)
       
       Berlin dpa | Nun hat es doch geklappt. Martin Schulz war im Kanzleramt.
       Recht lange sogar. Sechseinhalb Stunden saßen sich der Herausforderer von
       der SPD und CDU-Hausherrin Angela Merkel beim Koalitionsgipfel gegenüber.
       Was ging wohl in den Köpfen der beiden vor? Die Stimmung im Kanzleramt soll
       sachlich und konzentriert gewesen sein. Erst gegen 2.30 Uhr am
       Donnerstagmorgen trennte sich die schwarz-rote Spitzenrunde.
       
       Merkel und Schulz sind [1][Rivalen um die Macht], aber Profis. Sie schätzen
       sich seit langem, haben in vielen Euro-Krisennächten in Brüssel gemeinsam
       verhandelt. „Es gab keine Schlägerei, keine Verwundeten, keine Blessuren“,
       sagte ein Teilnehmer. Bei den Inhalten ging es in der Marathonsitzung aber
       trotzdem beinhart zur Sache.
       
       Sechs Monate vor der Bundestagswahl, direkt nach dem CDU-Triumph im
       Saarland und kurz vor den wichtigen Stimmungstests in Schleswig-Holstein
       und Nordrhein-Westfalen im Mai hatten Union und SPD nichts mehr zu
       verschenken.
       
       Zwei Dutzend Themen standen auf der Tagesordnung – und das halbe Kabinett
       rang um Lösungen und jedes Wort. Schäuble, Dobrindt, Nahles, Hendricks,
       Maas, Schwesig, Gröhe und de Maizière saßen zeitweise mit am Tisch.
       Kompromisse wurden nur im Kleinen geschmiedet. Die Union setzte sich mit
       härteren Strafen zur Abschreckung von Wohnungs-Einbrechern und mehr
       Befugnissen der Behörden zur Aufdeckung von Sozialleistungsbetrug von
       Asylbewerbern durch.
       
       ## Asylbewerber stärker überwachen und besser schützen
       
       Die SPD bekam durch eine „Härtefallregelung“ mehr Spielraum beim
       Familiennachzug, damit junge Flüchtlinge nicht völlig auf sich allein
       gestellt sind. Auch soll es Schutzkonzepte in Flüchtlingsheimen geben, um
       Übergriffe auf Frauen und Kinder zu verhindern.
       
       Bei den wirklich großen Brocken wollten sich weder Union und SPD noch
       bewegen. Kein Millimeter Boden sei kampflos aufgegeben worden, hieß es auf
       beiden Seiten. CDU und CSU hätten alle „Gerechtigkeitsthemen“ blockiert,
       maulten die Sozialdemokraten hinterher. Sie meinten die „Ehe für alle“,
       eine Solidarrente, das Recht auf Rückkehr aus Teil- in Vollzeit oder die
       Eindämmung hoher Managergehälter. Schwarze und Rote dürften letztlich damit
       leben können – das gibt Munition für den Wahlkampf.
       
       Jenseits der Inhalte hatten alle auf die Premiere von Schulz geschaut. Er
       wollte eigentlich gar nicht beim Koalitionsausschuss erscheinen. Der Mann
       aus Würselen ist aus SPD-Sicht auch deswegen so populär, weil er nicht mit
       der Groko in Verbindung gebracht wird. Ein Auftritt bei Merkel passte dem
       61-Jährigen nicht in den Kram.
       
       Im Rausch der 100 Prozent, die er kürzlich bei seiner Wahl zum Parteichef
       bekam, hatte er im Live-TV verkündet, dass er den Koalitionsgipfel
       schwänzen und zu einer SPD-Feier gehen wollte. Die Union sprach von
       „Arbeitsverweigerung“, die CSU nannte den Merkel-Herausforderer
       „Party-Schulz“. Vier Tage hielt Schulz durch, bis er doch zusagte.
       
       ## Nicht noch einmal bei Merkel antanzen
       
       Bei der Verleihung des Otto-Wels-Preises blieb Schulz am Abend nur eine
       gute Stunde. Dann zog er zusammen mit Vizekanzler Sigmar Gabriel und
       Fraktionschef Thomas Oppermann los. Eigentlich wollten sie zu Fuß zum
       Kanzleramt schlendern. Daraus wurde nichts. Es regnete. Vor den Stufen des
       Reichstagsgebäudes blieb die neue sozialdemokratische Troika kurz stehen,
       damit die Fotografen schöne Bilder bekamen.
       
       Möglich, dass die Runde am Mittwochabend das letzte schwarz-rote
       Spitzentreffen vor der Bundestagswahl war. Die SPD jedenfalls will nicht
       noch einmal bei Merkel „antanzen“. Aber man weiß ja nie. Sollte es weiteren
       Gesprächsbedarf geben, wäre es durchaus denkbar, dass sich die Partei- und
       Fraktionschefs auch in einer der Parteizentralen treffen könnten, heißt es
       bei den Genossen. Ob die Union da mitmacht? Merkel könnte durchaus
       wahlkampfwirksam darauf bestehen, dass sich die Koalitionsrunde so lange
       bei ihr im Kanzleramt trifft, wie man offiziell noch miteinander regiert.
       Also bis zum 24. September.
       
       30 Mar 2017
       
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