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       # taz.de -- Südkoreas Reaktion auf Nordkorea: Bevölkerung bleibt cool
       
       > Während der Konflikt um Nordkorea eskaliert, bleiben Seouls Bewohner
       > gelassen. Die Politik spielt Trumps Drohungen herunter.
       
   IMG Bild: TV-Aufnahmen in einem Bahnhof in Seoul zeigen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un
       
       Es sind keine erfreulichen Nachrichten, mit denen die Südkoreaner an diesem
       Morgen konfrontiert werden: „Wie wahrscheinlich ist ein neuer
       Korea-Krieg?“, fragt etwa die Zeitung Korea Herald. Die Ereignisse der
       letzten Tage erscheinen tatsächlich apokalyptisch: Donald Trump beordert
       einen Flugzeugträger Richtung koreanische Küste und möchte die
       Nordkorea-Frage notfalls im Alleingang „lösen“. Nordkoreas Machthaber Kim
       Jong Un wiederum droht, den Amerikanern mit einem atomaren Erstschlag
       zuvorkommen zu wollen. Dass zumindest ein weiterer Raketentest bevorsteht,
       legen Satellitenfotos nahe. Besteht also ernsthafter Grund zur Sorge?
       
       „Ich fühle mich nicht unsicher oder so. All die Jahre zuvor ist ja auch
       nichts passiert“, sagt die Pädagogikstudentin Hyun Jin, die gerade in
       Seouls Zentrum ein Praktikum absolviert. Zwar habe sie die alarmierenden
       Nachrichten auf ihrem Smartphone überflogen, doch sorge sie sich vielmehr
       um Südkoreas eigene politische Probleme: Die bisherige Präsidentin sitzt
       wegen eines Korruptionsskandal in Untersuchungshaft, am 9. Mai wird ihr
       Nachfolger gewählt. „Vielleicht sind wir auch einfach etwas ignorant, was
       Nordkorea angeht“, sagt die 22-Jährige.
       
       In den Gassen hinter Seouls Rathaus hat die Stadtregierung ein Straßenfest
       organisiert. Es gibt eine Tombola und Badminton, aus Lautsprechern tönt
       Wohlfühlpop. Die Angestellten umliegender Büros genießen ihre Mittagspause
       beim Cappuccino, der Himmel zeigt sich nach smogverhangenen Tagen strahlend
       blau. Wenig deutet darauf, dass man sich hier keine Autostunde südlich der
       innerkoreanischen Demarkationslinie befindet. Im Kriegsfall wäre hier im
       Zentrum des Ballungsraums von 25 Millionen Menschen ein attraktives Ziel
       für Nordkoreas Raketenarsenal. Doch die Südkoreaner reagieren auf das
       Säbelrasseln mit kollektiven Schulterzucken.
       
       „Im Vergleich zu den Korea-Krisen der Vorjahre gibt es jetzt einen
       Unterschied“, sagt der Politikwissenschaftler Robert E. Kelly von der Busan
       National University. Der US-Amerikaner meint damit US-Präsident Donald
       Trump, der gerade den Status quo in Ostasien durcheinanderbringt:
       „Vielleicht wäre er tatsächlich gestört genug, um Nordkorea anzugreifen –
       eine furchtbare Idee.“
       
       ## Wirtschaftliche Annäherung gegen UN-Sanktionen
       
       Vor allem in Südkorea würde eine Eskalation verheerende Folgen haben. Doch
       wenn etwa Trump und Chinas Xi Jinping über Nordkorea verhandeln, hat
       Südkorea nur eine Statistenrolle. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch
       das aktuelle Machtvakuum im Land: Bis zu den Neuwahlen am 9. Mai ist nur
       ein Übergangspräsident an der Macht.
       
       Die Präsidentschaftskandidaten spielen durchweg Trumps verbale Drohungen
       herunter. Und aus dem Verteidigungsministerium heißt es beruhigend, der
       US-Präsident würde „ohne enge Kooperation mit Seoul“ keine substanziellen
       Militäraktionen durchführen. Der linksliberale Präsidentschaftskandidat
       Moon Jae In, der die meisten Umfragen anführt, geht einen Schritt weiter:
       „Südkorea sollte in der Nordkorea-Frage die Führung übernehmen und das
       Thema nicht China und den USA überlassen.“
       
       Der frühere Menschenrechtsanwalt hat schon einen zweistufigen
       Annäherungsplan skizziert: Moon würde zunächst Nordkoreas Kim zu Gesprächen
       treffen, dann Wirtschaftskooperationen forcieren und schließlich eine
       politische Wiedervereinigung anstreben. Viel Spielraum wird er dabei nicht
       haben, schließlich würde fast jede wirtschaftliche Annäherung gegen
       UN-Sanktionen verstoßen.
       
       13 Apr 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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