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       # taz.de -- Jakob Augsteins Vorstellung von Heimat: Im Zweifel deutsch
       
       > Augstein möchte Heimatschutz „nicht den Rechten überlassen“. Dabei müsste
       > doch das Individuum gegen den Kollektivismus verteidigt werden.
       
   IMG Bild: „Heimat ist ein Menschenrecht“ (Augstein) – gilt das auch für diese wartenden Flüchtlinge in Berlin?
       
       Wer den seit dem 15. Jahrhundert verwendeten Begriff Heimat vom Deutschen
       in eine andere Sprache übersetzen will, wird scheitern: Nirgendwo gibt es
       eine adäquate Entsprechung für einen Ort, an dem man sozialisiert wurde und
       sich zu Hause fühlt.
       
       Bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lediglich als juristischer
       Begriff zur Bezeichnung eines Aufenthaltsrechts genutzt, wurde der Begriff
       mit alt- und mittelhochdeutschen Vorläufern und indogermanischen Wurzeln
       schließlich von völkischen und nationalsozialistischen Bewegungen in die
       Blut-und-Boden-Ideologie integriert.
       
       Jakob Augstein möchte das Thema Heimat jedoch „nicht den Rechten
       überlassen“, schreibt er in seiner aktuellen [1][Kolumne] bei Spiegel
       Online. Die Einwanderung sei ein „Quell der Sorge“, zur Aufgabe einer
       linken Regierung gehöre „auch der Schutz der Heimat“. Die Identität müsse
       „gegen die Migration“ errungen werden.
       
       Das klingt nach Identitärer Bewegung und nach der Neuen Rechten. Bei diesen
       wird der Begriff Identität mit völkischem Inhalt besetzt, mit Berufung auf
       eine angeblich gemeinsame und kollektive Kultur.
       
       ## Migration als Bedrohung
       
       Das vermeintlich Fremde würde die eigene Identität bedrohen – so werden
       Szenarien der Heimat-, Kultur- und Zukunftslosigkeit konstruiert. Migranten
       werden zu „Konkurrenten um Wohnraum und Arbeitsplätze“. Das ist schon lange
       eine zentrale Legitimationsfigur für rassistische Gewalt: Wenn man gerade
       nicht über die „faulen, arbeitslosen Ausländer“ schimpfen kann, kann man
       zumindest noch behaupten, sie würden einem die Arbeit wegnehmen.
       
       Dass auch Augstein diese Identität völkisch konstruiert, beweist er mit
       seiner Forderung, dass der Anteil der Kinder, für die Deutsch keine
       Muttersprache ist, „in keiner deutschen Schulklasse höher als 25 Prozent“
       liegen soll. Die Migration wird so prinzipiell als Bedrohung wahrgenommen.
       Ihm geht es nicht um individuelle Identitäten – er denkt in Kategorien wie
       „Wir“ und „die Anderen“.
       
       Dabei müsste doch das Individuum gegen den Kollektivismus von Volk, Nation
       oder Religion verteidigt werden. Doch wenn es nach Augstein geht, soll die
       Vorstellung der „Heimat ohne Grenzstein“ (Horkheimer und Adorno) wohl eine
       Sehnsucht bleiben.
       
       4 Apr 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/martin-schulz-was-er-zum-wahlprogramm-machen-koennte-kolumne-a-1141105.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frederik Schindler
       
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