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       # taz.de -- AfD-Parteitag in Köln: Gauland und Weidel im Duett
       
       > 68 Prozent der Delegierten stimmen für das Spitzenduo. Der Parteirechte
       > und die Wirtschaftsliberale sollen die Partei durch den Wahlkampf führen.
       
   IMG Bild: Haben sie etwas auf dem Fußboden verloren oder beten sie für die Zukunft der AfD?
       
       Köln taz | Am Ende ging es ganz schnell. Monatelang hatte die Spitze der
       Alternative für Deutschland (AfD) erbittert darüber gestritten, wer die
       rechtspopulistische Partei im Wahlkampf führen soll. Am frühen
       Sonntagnachmittag stellte dann ein Delegierter auf dem Bundesparteitag im
       Kölner Maritim-Hotel einen sehr konkreten Antrag: Die Delegierten sollen
       Alexander Gauland und Alice Weidel als Spitzenduo wählen. Begründung: Der
       Parteirechte Gauland aus Brandenburg und die wirtschaftsliberale Weidel aus
       Baden-Württemberg stünden für die beiden Flügel der Partei.
       
       Gauland galt innerhalb der AfD längst als gesetzt; Weidel aber, die bei
       Goldman Sachs gearbeitet und für das Ausschlussverfahren gegen Rechtsaußen
       Björn Höcke gestimmt hatte, war im rechten AfD-Flügel umstritten. Doch dann
       erklärte Gauland: „Frau Weidel und ich stehen nur als Team zur Verfügung.“
       Damit war die Sache klar: 68 Prozent der Delegierten stimmten für das Duo.
       Kaum war das Ergebnis an die Wand projiziert, standen die Delegierten
       erleichtert auf und applaudierten stürmisch.
       
       In ihrer kurzen Rede tippte Weidel dann die Punkte an, die AfDler mögen:
       Sie kritisierte die „völlig unkontrollierte Migrationspolitik“, forderte
       als Frau „ohne Angst noch die letzte S-Bahn nehmen zu können“ und rief:
       „Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.“
       Gauland sagte Sätze wie „Wir wollen das Land behalten, das wir von unseren
       Müttern und Vätern ererbt haben.“ Und: „Wir sind stolz, Deutsche zu sein.“
       Die Delegierten dankten mit „Gauland, Gauland“-Rufen. Der rief die AfD zur
       Einheit auf und ging einen Schritt auf die Parteichefin zu. „Liebe Frauke
       Petry, wir brauchen Sie.“ Applaus brandete auf, „Frauke, Frauke“-Rufe
       schallten durch den Saal.
       
       Am Tag zuvor, [1][als die Partei Petry demontiert hatte], hatte niemand das
       Wort für die Vorsitzende ergriffen. Petry wird, wie Koparteichef Jörg
       Meuthen, dem Spitzenteam nicht angehören. Meuthen kandidiert nicht für den
       Bundestag, Petry hatte in der vergangenen Woche nach langem Machtkampf die
       Notbremse gezogen und erklärt, dass sie nicht zur Verfügung stehe. Trotzdem
       wollte sie auf dem Parteitag unbedingt ihren „Zukunftsantrag“ durchbringen,
       der die AfD auf einen „realpolitischen Kurs“ und gegen
       „Fundamentalopposition“ festlegen will.
       
       Dafür warb sie zu Beginn des Treffens am Samstagmorgen, noch einmal in
       einer Rede. Sie entschuldigte sich sogar bei Gauland, den sie im Antrag als
       Beispiel für die Fundamentalopposition namentlich erwähnt hatte, und bot
       an, gemeinsam mit ihm den Antrag zu überarbeiten, der von vielen als
       spalterisch empfunden worden war. Inhaltlich aber blieb Petry dabei: Das
       öffentliche Bild der Partei dürfe nicht von einer „lauten Minderheit“
       bestimmt werden.
       
       ## Die Parteichefin scheitert
       
       Doch die Delegierten diskutierten Petrys Antrag nicht einmal – sondern
       stimmten für Nichtbefassung. Im Gegenzug schaffte es der Versuch, das
       Parteiausschlussverfahren gegen Höcke abzubiegen, nicht auf die
       Tagesordnung. Die offizielle Begründung: Der Parteitag solle sich auf die
       Verabschiedung des Wahlkampfprogramms konzentrieren. Doch damit hatten
       Petrys Gegner ihr Ziel erreicht: Die Parteichefin war gescheitert.
       
       Kochef Meuthen, dessen Verhältnis zu Petry komplett zerrüttet ist, trat in
       seiner Rede noch einmal kräftig nach – und erhielt dafür Standing Ovations.
       Er warf Kanzlerin Angela Merkel „Politik zum Schaden des deutschen Volkes“
       vor, bezeichnete den SPD-Chef als „Kim Yong Schulz“ und gab auch
       Justizminister Heiko Maas und der Grünen Claudia Roth, zwei
       Lieblingsfeinden der AfD, einen mit. „Mit diesen Figuren werden wir keine
       Koalitionen eingehen.“
       
       Damit griff Meuthen, der einst als Wirtschaftsliberaler gewählt wurde, auch
       Petry und ihren realpolitischen Kurs an – ohne ihren Namen zu nennen. Auch
       seine Forderung, so mancher in der AfD müsse eigene Karriereambitionen
       zurückstellen und „im Dienst der Sache sein starkes Ego zurücknehmen“,
       zielte auf Petry. Als die Delegierten lautstark applaudierten, saß die
       hochschwangere Parteichefin auf dem Podium ganz am Rand des Vorstandstischs
       und starrte einsam auf ihr Handy. Sie ist die große Verliererin dieses
       Parteitags.
       
       Konsequenzen ziehen aber will sie vorerst nicht: „Ich bin und bleibe
       Parteivorsitzende.“ Vor Journalisten kündigte Petry an, den Wahlkampf nun
       verstärkt jenen zu überlassen, die eine Kursklärung ablehnten. Am Abend gab
       sie sich wieder kämpferischer. „Ich glaube, dass die Partei aufwachen und
       sehen wird, dass eine Orientierung nach innen für eine Partei, die gewählt
       werden wird, nicht ausreicht“, sagte sie im ZDF. Ohne Kochef Meuthen beim
       Namen zu nennen, fügte sie hinzu: „Die kommenden Monate werden zeigen, dass
       man im Wahlkampf mehr zeigen muss als in einer Parteitagsrede.“
       
       23 Apr 2017
       
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