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       # taz.de -- Gewaltsame Demo-Räumung in Sonneberg: Polizist soll Mehrfachtäter sein
       
       > Einer der Polizisten der in Sonneberg eine Sitzblockade gewaltsam
       > auflöste, soll öfter Demonstranten attackiert haben. Die Linke fordert
       > Konsequenzen.
       
   IMG Bild: In Sonneberg sprühte ein Polizist mit Pfefferspray, in Mühlhausen wollte ein Kollege wohl die „Nazis“ auf sie loslassen
       
       Berlin taz | Einer der Polizisten, die am Freitag im thüringischen
       Sonneberg eine Sitzblockade gegen einen Thügida-Umzug gewaltsam auflösten,
       soll nach Informationen der [1][Thüringischen Landeszeitung (TLZ)] bereits
       früher durch Gewalt gegen Demonstranten aufgefallen sein.
       
       Der Fotojournalist Lionel C. Bendtner hatte das Vorgehen der Beamten in
       [2][mehreren Bildern] festgehalten. Dabei ist zu sehen, wie der
       Gruppenführer der Bereitschaftspolizei die Sitzblockade abläuft und den
       Demonstranten Pfefferspray ins Gesicht sprüht. Bendtner zufolge wurden die
       friedlichen Demonstranten weder zur Auflösung aufgefordert, noch vor dem
       Einsatz des Reizgases gewarnt. Nun laufen interne Ermittlungen gegen den
       sprühenden Polizisten.
       
       Ein ähnlich gewaltsames Vorgehen soll die Thüringer Bereitschaftspolizei
       bereits im Juni 2015 in Mühlhausen gezeigt haben. Dort, so der Vorwurf,
       habe ein Polizeibeamter die Blockierer eines Thügida-Aufmarsches
       angeschrien, er würde „die Nazis durchlassen“, wenn sie nicht Platz
       machten. Auf die Nachfrage eines Eichsfelder Demonstranten, ob er denn
       selbst ein „Nazi“ sei, wurde dieser nach Angaben von Beobachtern von
       mehreren Beamten brutal zu Boden gerungen und dabei verletzt. Die
       Ermittlungen wurden später jedoch eingestellt. Nach Angaben der TLZ handelt
       es sich dabei um einen der räumenden Polizisten aus Sonneberg.
       
       Auch in Erfurt soll der Beamte im März 2016 laut TLZ einen Demonstranten
       angegriffen haben. Der Thüringer Landesvorsitzende der Gewerkschaft der
       Polizei, Kai Christ sagte der taz, dass es im Land ein überschaubares
       Kontingent an Bereitschaftspolizisten gebe: „Bei Problemlagen rückt nicht
       jede Woche ein anderer aus. Da kann es vorkommen, dass ein Polizist
       häufiger gegen Demonstranten unfreundlich einschreitet, inbesondere wenn es
       ein Gruppenführer ist.“
       
       ## Linke fordert schärfere Regeln
       
       Der innenpolitische Sprecher der Thüringer Linksfraktion, Steffen Dettes,
       forderte auf [3][Twitter] bereits Konsequenzen aus Sonneberg. Es sei Zeit,
       den „inflationären Reizstoff-Einsatz rechtlich zu beschränken“. In einigen
       Bundesländern werden die Sprühgeräte nach jedem Einsatz gewogen. Die
       Thüringer Polizei erfasst lediglich die Anzahl der komplett entleerten
       Kartuschen, die in einem Jahr anfallen – aus Kostenabwägungen.
       
       Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) will zunächst den
       [4][Polizeibericht abwarten]. Das sei zur Einschätzung des Vorfalls auch
       nötig, meint Polizeigewerkschafter Christ: „Der Einsatz von Reizgas ist im
       Polizeirecht klar geregelt. Als Hilfsmittel körperlicher Gewalt ist er nur
       in Notwehr erlaubt.“ Da die Bereitschaftspolizei immer von einem
       Beweissicherungsteam begleitet würde, könnten eventuell Filmaufnahmen das
       Vorgeschen aufklären. Sollten die Demonstranten weggetragen worden sein und
       sich dabei durch Tritte und Schläge gewehrt haben, wäre das Besprühen
       legitim gewesen.
       
       Nach Aussage beteiligter Demonstranten und der örtlichen
       Polizeidienststelle gegenüber der [5][Nachrichtenseite Thüringen24] seien
       Gegendemo und Sitzblockade in Sonneberg jedoch friedlich verlaufen. „In
       diesem Fall“, so Christ, „wäre Reizgas nicht zu rechtfertigen. Man sprüht
       nicht einfach Gruppen von der Straße.“ Sollten die Ermittlungen dies
       bestätigen, hätte der Polizeibeamte mit Disziplinarmaßnahmen zu rechnen,
       bei wiederholten Delikten sogar mit Entlassung.
       
       Update 06.04.: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, der
       Polizist, der in Mühlhausen und Erfurt Demonstranten angriff, sei auch
       derjenige, der in Sonneberg Reizgas versprühte. Tatsächlich war der Mann
       bei der Räumung in Sonneberg anwesend, aber nicht derjenige, der das
       Pfefferspray versprühte.
       
       5 Apr 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.tlz.de/startseite/detail/-/specific/Pfefferspray-Einsatz-wird-zum-Aufreger-Interne-Ermittlungen-nach-Raeumung-von-S-1719665133
   DIR [2] https://www.flickr.com/photos/lionelcbendtner/sets/72157678800496993
   DIR [3] https://twitter.com/St_Dittes/status/848149131675799552
   DIR [4] https://twitter.com/bodoramelow/status/848194287242272768
   DIR [5] http://www.thueringen24.de/thueringen/article210124425/Brutaler-Pfefferspray-Einsatz-gegen-Sitzblockade-bei-Demo-in-Sonneberg.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patrick Jütte
       
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