# taz.de -- Arbeitslosigkeit durch Globalisierung: Handel macht nicht alle glücklich
> Globalisierung produziert auch Armut, so eine Studie. Präsentiert wird
> diese Erkenntnis überraschenderweise von Weltbank, IWF und WTO.
IMG Bild: Containerhafen in Miami: Nicht alle in den USA können sich über den regen Handel freuen
Berlin taz | Es ist ein bemerkenswerter Schwenk: Die
Welthandelsorganisation WTO, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die
Weltbank räumen ein, dass der weltweite Handel nicht nur Vorteile hat,
sondern auch zu Arbeitslosigkeit und Armut führen kann.
„Der Handel hat einige Beschäftigungsgruppen und Gemeinden negativ
beeinflusst“, heißt es gleich auf der ersten Seite einer gemeinsamen
Studie, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.
Auch die Präsentation war ein Politikum: Die internationalen Organisationen
hatten eigens ihre Chefs geschickt, um das Gemeinschaftswerk vorzustellen,
das den programmatischen Titel trägt „Wie der Handel zur Wachstumsmaschine
für alle wird“.
Drei Botschaften hatte IWF-Chefin Christine Lagarde zu verkünden. Erstens:
Handel fördere den Wohlstand, unter anderem da die Preise sinken. Davon
profitierten vor allem ärmere Schichten, wie die Studie festhält, denn sie
würden nichts sparen, sondern fast ihr ganzes Einkommen ausgeben. Zweitens:
Der Handel habe auch Schattenseiten, denn in einzelnen Gegenden könne er zu
Arbeitslosigkeit führen. Daher seien, drittens, Hilfen nötig. IWF, Weltbank
und WTO fordern dabei alles, was denkbar ist – von einer
Arbeitslosenversicherung bis zu Fortbildungen.
## „Skeptische Öffentlichkeit aufklären“
In der Studie wird sehr deutlich, wie schlecht die USA unter den
OECD-Ländern abschneiden. Nur Chile und Mexiko geben noch weniger Geld aus,
um ihre Arbeitslosen zu unterstützen und umzuschulen.
Mit der Studie wollen die G 20 ursprünglich auf die weltweiten Proteste
gegen diverse Freihandelsabkommen reagieren. Wie schon in der Einleitung
erläutert wird, soll eine „zunehmend skeptische Öffentlichkeit“ über die
Vorteile des Handels „besser aufgeklärt“ werden. Wichtige Themen werden
daher ganz ausgespart. So wird nirgends erwähnt, dass einzelne Staaten wie
Deutschland oder China durch enorme Exportüberschüsse auffallen.
Auf Nachfrage äußerte sich Lagarde möglichst diplomatisch: Man dürfe
Deutschlands Überschüsse „nicht isoliert“ betrachten. Doch dann wird sie
doch deutlich. Deutschland müsse unbedingt mehr investieren. „Dies müssen
keine Brücken oder Bauten sein.“ Man könne ja auch die
Breitband-Infrastruktur oder die Bildungsangebote ausbauen. „Deutschland
sollte seine soften Investitionen ausdehnen.“ Weltbank-Chef Jim Kim
sekundierte: „Jedes Land sollte sich fragen, wie es in Zukunft
wettbewerbsfähig sein will – auch wenn es hohe Exportüberschüsse hat.“
Beim Abendessen konnte das weiter diskutiert werden: Die Chefs der
Finanzorganisationen waren in Berlin, weil Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
jährlich die UN-Wirtschaftsinstitutionen empfängt.
10 Apr 2017
## AUTOREN
DIR Ulrike Herrmann
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