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       # taz.de -- Gastkommentar Ostermarsch-Aufruf: Stinkende Pflanze im Osterstrauß
       
       > Subtiles Bashing, antijüdische Dämonisierung: Warum findet sich im Aufruf
       > zum Hamburger Ostermarsch das immergleiche Zerrbild des Staates Israel?
       
   IMG Bild: In Hamburg kommen die Gemeinsamkeiten dies Jahr an ihre Grenzen
       
       [1][Der Aufruf des Hamburger Forums] präsentiert einen bunten Blumenstrauß
       fast aller aktuellen Positionen und Forderungen eines traditionellen Teils
       der Friedensbewegung, die ich teile. Leider enthält dieser Strauß aber auch
       eine ziemlich hässliche und stinkende Pflanze: ein scheinbar unausrottbares
       Zerrbild von Israel und dessen Dämonisierung.
       
       1. Schon im Haupttext wird Israel in einer Reihe mit der Türkei,
       Saudi-Arabien und Katar als „autoritäres und reaktionäres Regime“
       dargestellt. Das ist infam, existiert mit Israel doch der einzige
       demokratische Staat im Nahen und Mittleren Osten. Muss das noch einmal
       erklärt werden?
       
       2. Bezeichnend auch für die weiteren Texte des Aufrufes ist, dass zum
       Beispiel Iran und Syrien nicht genannt werden. Sehen die Aufrufer hier etwa
       keine autoritären Regimes? Oder will man den repressiven und
       militaristischen Charakter dieser Staaten nicht zur Kenntnis nehmen, weil
       sie mit der Hisbollah und teilweise der Hamas Terrororganisationen
       unterstützen, deren Ziel in der Auslöschung Israels besteht?
       
       3. Dem Hauptaufruf folgen Kurztexte, in denen „unsere
       Ostermarschforderungen konkretisiert werden“. Vier Staaten werden als
       Herausforderung der Friedensbewegung teilweise ausführlicher dargestellt:
       Afghanistan, zweimal die Türkei, Saudi-Arabien und – Israel. Die Eskalation
       der militärischen Konfrontationen in Asien fehlt, Nordkorea wird nicht
       einmal als Atomwaffenstaat benannt, der Südsudan mit Hunderttausenden
       Vertriebenen und Toten, Somalia und andere afrikanische Regionen
       interessieren nicht.
       
       ## Israel für alle Konflikte der Region verantwortlich?
       
       Auch der Irak, der Iran, Libyen kommen nicht vor. Wo sie ein einziges Mal
       indirekt angesprochen werden, ist das nur möglich im Kontext mit Israel:
       „Während rings um Israel die bewaffneten Konflikte eskalieren und das Elend
       der Flüchtlinge sich ins Unermessliche steigert, vertieft Israel den Graben
       zwischen sich und den Palästinensern.“ Da kein anderer Staat als
       Mitverursacher der Konflikte genannt wird, bleibt nur eine
       Schlussfolgerung: Auch dafür ist Israel verantwortlich. Die Anklage lautet:
       „Fortgesetzte militärische Angriffshandlungen gegen Libanon und Syrien“.
       Kein Wort zur Hisbollah und zu Syrien als deren Bündnispartner und
       Aufmarschgebiet. Und wieder kein Wort zum Iran.
       
       4. Sucht man für all diese Projektionen gegen Israel nach einer Art
       faktischem Anhaltspunkt, findet man einen ungewollt (?) aufschlussreichen
       Satz: „International ist Israel isoliert, nachdem eine Resolution (des
       UNO-Sicherheitsrates, Anm. d. A.) die aggressive Siedlungspolitik der
       Regierung Netanyahu im Westjordanland verurteilte.“ Die Politik der
       Regierung Israels, die auch ich für falsch und gefährlich halte, wird in
       kaum wahrnehmbarer Verfälschung der UN-Resolution in eins gesetzt mit
       Israel, also dem seit 50 Jahren existierenden und seitdem in seiner
       Existenz attackierten Staat der Juden und der mit ihnen zusammenlebenden
       Palästinenser.
       
       ## Es geht um die Ablehnung des Staates Israel
       
       All das macht deutlich: Das Mitgefühl mit den in den besetzten Gebieten
       unterdrückten Palästinensern ist nur der Humus für die stinkende Pflanze im
       Friedens-Oster-Strauß: die Ablehnung des jüdischen demokratischen Staates
       Israel. Und hier wird es denn wie am Anfang so auch am Ende antijüdisch.
       Bitter für mich ist daran vor allem, dass meine Freundinnen und Freunde aus
       dem Kreis der Unterzeichner meinen, es so nicht zu meinen. Aber sie haben
       es unterschrieben.
       
       13 Apr 2017
       
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   DIR [1] http://www.hamburgerforum.org/pdf/OM17-A5-Folder-10-Seiten.pdf
       
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   DIR Ulrich Hentschel
       
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