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       # taz.de -- Flüchtlinge auf dem Mittelmeer: 97 Menschen vor Libyen vermisst
       
       > Vor Tripolis ist ein Boot mit über 100 Flüchtlingen gekentert. Nur 23
       > überlebten. Mindestens 590 Menschen starben seit Anfang des Jahres vor
       > Libyens Küste.
       
   IMG Bild: Mitglieder der NGO „Proactiva Open Arms“ suchen vor der Küste Libyens nach Überlebenden
       
       Tripolis afp | Vor der Küste Libyens ist erneut ein Boot mit dutzenden
       Flüchtlingen an Bord gesunken. Die 97 Menschen, die nach dem Unglück rund
       zehn Kilometer vor Tripolis vermisst würden, seien „wahrscheinlich tot“,
       sagte ein Sprecher der libyschen Küstenwache unter Berufung auf die
       Aussagen der 23 Überlebenden des Unglücks. Demnach zählten 15 Frauen und
       fünf Kinder zu den Vermissten.
       
       Nach Angaben von General Ajub Kacem von der Küstenwache wurden 23 Männer
       aus mehreren afrikanischen Ländern von der Küstenwache aus dem Meer
       gerettet. Sie hätten überlebt, indem sie sich an eine Boje festklammerten.
       Der Rumpf des Flüchtlingsboots sei völlig zerstört gewesen.
       
       Wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete, wurden die
       Geretteten im Hafen von Tripolis medizinisch untersucht und mit
       Lebensmitteln versorgt. Danach sollten sie in ein Zentrum zur Bekämpfung
       von illegaler Einwanderung gebracht werden.
       
       Für die übrigen Männer, Frauen und Kinder an Bord des Flüchtlingsbootes gab
       es laut Küstenwache kaum Hoffnung auf eine Rettung. Wegen des schlechten
       Wetters seien bislang aber noch keine Leichen gefunden worden, sagte Kacem.
       
       ## In diesem Jahr mindestens 590 Tote
       
       Seit Jahresbeginn sind laut einer vorläufigen Bilanz der Internationalen
       Organisation für Migration (IOM) bereits mindestens 590 Flüchtlinge vor
       Libyens Küste gestorben oder als vermisst gemeldet worden. Libyen ist eines
       der wichtigsten Transitländer für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa.
       
       Flüchtlinge aus Afrika, aber auch aus dem Nahen Osten, treten aus Libyen
       die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer ins rund 300 Kilometer
       entfernte Italien an. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR
       fuhren in den ersten drei Monaten dieses Jahres bereits mehr als 24.000
       Menschen von Libyen nach Italien. Im Vorjahreszeitraum waren es demnach nur
       18.000 Bootsflüchtlinge.
       
       Schleuser nutzen das Chaos, das seit dem Sturz das langjährigen Machthabers
       Muammar al-Gaddafi im Herbst 2011 in dem nordafrikanischen Land herrscht.
       Bewaffnete Milizen kämpfen um die Vorherrschaft, während die vor einem Jahr
       gebildete Einheitsregierung darum ringt, ihre Autorität im ganzen Land
       durchzusetzen.
       
       Weil es keine reguläre Polizei und Armee gibt, fungieren unterschiedliche
       Milizen als Küstenwache. Ihnen wird immer wieder vorgeworfen, an dem
       lukrativen Geschäft der Schleuser mit den Migranten und Flüchtlingen
       beteiligt zu sein.
       
       Nach Einschätzung internationaler Organisationen befinden sich derzeit
       zwischen 800.000 und einer Million Menschen in Libyen, die in die EU
       gelangen wollen. Die meisten von ihnen stammen aus afrikanischen Ländern
       südlich der Sahara.
       
       13 Apr 2017
       
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