# taz.de -- Nach dem Türkei-Referendum: Erdoğan unbeeindruckt von Kritik
> Innenminister de Maizière will Vorwürfe zum Wahlablauf klären.
> US-Präsident Trump gratuliert zum Wahlausgang. Der Ausnahmezustand wird
> verlängert.
IMG Bild: Einer mäht die Demokratie nieder, der andere ist der Elefant im Porzellanladen: Erdogan und Trump
Berlin/Washington/Ankara rtr/afp/taz | Innenminister Thomas de Maizière hat
die Türkei nach dem Verfassungsreferendum aufgerufen, zügig Vorwürfe zum
Wahlablauf abzuklären. „Jetzt muss rasch Klärung darüber hergestellt
werden, ob die Abstimmung fair und sauber abgelaufen ist, soweit man unter
den derzeitigen Umständen in der Türkei überhaupt davon sprechen kann“,
sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post. Er hoffe, dass die türkische
Regierung vernünftig mit dem Ergebnis des Referendums umgehe und nicht
weiter eskaliert.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan zeigte sich nach dem
knappen Ausgangs des Verfassungsreferendums am Montag unbeeindruckt [1][von
Kritik] und kündigte an, rasch mit dem Umbau des Staates zu beginnen. Die
Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) hatten dem Referendum am Montag zahlreiche Mängel attestiert.
US-Präsident Donald Trump hat Erdoğan zum Ausgang des
Verfassungsreferendums gratuliert. Trump habe sich in dem Telefonat
zugleich bei Erdoğan für die Unterstützung des US-Luftangriffs auf einen
syrischen Armeestützpunkt als Reaktion auf einen mutmaßlichen Einsatz von
Giftgas bedankt, teilte das US-Präsidialamt am Montag mit.
US-Präsidialamtssprecher Sean Spicer hatte zuvor gesagt, das Weiße Haus
werde sich zunächst nicht zu dem Ausgang des Referendums äußern. Zuerst
wolle man den Bericht internationaler Wahlbeobachter abwarten.
Bei der Abstimmung am Sonntag hatten 51,4 Prozent der Türken für eine
Verfassungsänderung gestimmt. Diese räumt dem Präsidenten mehr Macht ein.
Die türkische Opposition kündigte eine Anfechtung des Ergebnisses an.
## Ausnahmezustand wird verlängert
Nach dem Sieg von Präsident Erdoğan beim Verfassungsreferendum wird [2][der
Ausnahmezustand in der Türkei für weitere drei Monate verlängert]. Das
Kabinett in Ankara stimmte am Montagabend der nochmaligen Verlängerung zu,
wie Vizeregierungschef Numan Kurtulmus in Ankara mitteilte. Zuvor hatte
sich der Nationale Sicherheitsrat dafür ausgesprochen. Das türkische
Parlament, in der die regierende AKP die Mehrheit hat, muss nun noch
zustimmen.
Die Maßnahme wäre am Mittwoch ausgelaufen. Der Sicherheitsrat erklärte laut
dem Sender NTV, mit der Verlängerung des Ausnahmezustands solle die
„Kontinuität der Maßnahmen zum Schutz der Demokratie, der Prinzipien der
Rechtsstaatlichkeit und der Rechte und Freiheiten“ sichergestellt werden.
Kurtulmus sagte, die Entscheidung ziele nicht darauf, der Regierung freie
Hand zu geben, sondern den „Kampf gegen terroristische Gruppen“ zu
ermöglichen.
[3][Der Ausnahmezustand war am 20. Juli], fünf Tage nach dem gescheiterten
Militärputsch, verhängt worden. Er wurde im Oktober und im Januar für
jeweils drei Monate verlängert. Unter dem Ausnahmezustand sind wichtige
Grundrechte wie die Versammlungs- und Bewegungsfreiheit eingeschränkt,
zudem verfügt der Präsident über das Recht, per Dekret zu regieren. Erdoğan
hat von diesem Recht ausführlich Gebrauch gemacht. Die Opposition wirft ihm
vor, seine Befugnisse zu missbrauchen, um das Parlament zu umgehen und
Fragen außerhalb seiner Kompetenz zu entscheiden.
18 Apr 2017
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