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       # taz.de -- Kolumne Macht: Und die Angst wird größer
       
       > Seit 100 Tagen ist Donald Trump nun US-Präsident. Wer denkt, er sei doch
       > nicht so schlimm, sollte vorsorglich in Deckung gehen.
       
   IMG Bild: Wegschauen hilft auch nicht. Szene einer Demonstration gegen die Trump-Regierung vor der US-Botschaft in London
       
       Der Mann scheint keine Furcht zu kennen – und es steht zu befürchten, dass
       er diese Einschätzung für ein Kompliment halten würde. Bedrohlich. Wenn
       Leute, die etwas zu sagen haben, nicht wissen, was Angst ist, dann haben
       alle Anderen einen guten Grund, in Deckung zu gehen. Allerdings gibt es
       nicht viele Schutzräume, wenn es sich bei dem Furchtlosen um den
       Präsidenten der USA handelt.
       
       Donald Trump schert sich nicht um Tatsachen, er lügt bedenkenlos, ihm ist
       die Bevölkerung seines Landes egal, er interessiert sich nicht für Politik
       und hat deshalb auch keine politischen Überzeugungen. Viele kluge und
       genaue Analysen sind in den letzten Tagen darüber geschrieben worden, bei
       welchen Themen er seine Position in den ersten Monaten seiner Amtszeit
       geändert hat und warum. Die Liste ist lang: Gesundheitspolitik,
       Außenpolitik – China, Russland, Syrien, Nato – , Handelspolitik. Eine Mauer
       an der Grenze zu Mexiko möchte er [1][nun vorläufig auch nicht bauen].
       
       Wenn es ein Markenzeichen von Trump gibt, dann ist es die Bereitschaft zum
       Kurswechsel. Optimisten sehen darin einen Hinweis auf seine Lernfähigkeit.
       Sie hatten ja auch geglaubt, er wachse allmählich in das Amt des
       US-Präsidenten hinein, nur weil er sich bei seiner ersten Rede vor dem
       Kongress ausnahmsweise nicht benommen hatte wie ein schlecht erzogener
       Jugendlicher. Die Optimisten irren sich. Es gibt keinerlei Anlass zur
       Zuversicht.
       
       Hundert Tage ist er nun also im Amt. Können Sie sich an ein einziges Foto
       oder an Fernsehaufnahmen erinnern, auf denen Trump ernsthaft besorgt
       aussieht oder herzhaft lacht? Nein, das können Sie nicht. Es gibt diese
       Aufnahmen nämlich nicht.
       
       Was es hingegen gibt, sind zahlreiche Filme, die zeigen, wie er aus einem
       Auto oder einem Flugzeug steigt und stoffelig seines Weges geht, ohne seine
       hinterherlaufende Frau auch nur eines Blickes zu würdigen. Das ist nicht
       belanglos und auch nur beim ersten Hinsehen lustig. Denn die Bilder
       beweisen, dass Donald Trump nur ein einziges Interessengebiet hat: seine
       eigene Person.
       
       ## Immer geht es um ihn
       
       Sie zeigen aber noch viel mehr. Sie beweisen, dass Trump nicht einmal ein
       Gespür für das hat, woran ihm wirklich gelegen ist, nämlich das eigene
       Image. Die Skala seiner Gefühle scheint ungewöhnlich schmal zu sein. Mal
       ist er hämisch, mal triumphierend, mal wütend, mal trotzig. Und immer geht
       es um ihn. Um ihn, ihn, ihn.
       
       Dem Präsidenten ist während eines Interviews vorübergehend entfallen,
       welches Land er gerade hat bombardieren lassen. (Es war Syrien, wie die
       Journalistin hilfreich anmerkte.) Im Zusammenhang mit einem drohenden
       Nuklearkrieg – Nordkorea – hielt er es für angemessen, auf die Qualität des
       Schokoladenkuchens hinzuweisen, den er während einer Unterredung über das
       Thema mit seinem chinesischen Gesprächspartner verspeist hatte. Das ist
       nicht cool. Das ist irre.
       
       Autokraten wie der türkische Präsident Recep Erdogan und dessen ägyptischer
       Amtskollege Abdel Fatah al-Sisi finden Trump prima, weil er sie auch prima
       findet. Der Rest der Welt ist ziemlich fassungslos. Das gilt übrigens auch
       für die Bevölkerung der USA. Niemals zuvor hat ein neuer Präsident in
       Umfragen derart verheerende Werte bekommen wie Donald Trump.
       
       Wie lässt sich da Abhilfe schaffen? Mit einem Krieg, wie sonst. In Zeiten
       des Krieges scharen sich, vor allem in angelsächsischen Ländern, die
       Bevölkerungen regelmäßig hinter ihrer politischen Führung. Der absurde
       Falklandkrieg hat Margaret Thatcher – pardon my language – 1982 den Arsch
       gerettet. Was bietet sich für Trump nun an? [2][Ja, genau. Nordkorea]. Er
       kennt ja keine Furcht. Wer hingegen weiß, was Angst ist, empfindet sie
       jetzt.
       
       28 Apr 2017
       
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